Will man drei Filme einer Vorgeschichte etablieren, dann MUSS man den Hauptfiguren eine Charakterentwicklung zugestehen. Es wäre fürchterlicher handwerklicher Murks gewesen, Obi-Wan in Episode I als genau die selbe Figur einzuführen, die sie später in ANH schon war. Das kann einfach nicht funktionieren.
Man hatte andererseits aber auch anderthalb Jahrzehnte Zeit, sich eine stimmige Geschichte und Charakterentwicklungen für die bereits bekannten Figuren auszudenken. Obi-Wan hätte nicht der gleiche sein müssen, der er in ANH ist. Er gibt ja in RotJ sogar zu, dass er so arrogant und vermessen war, dass er glaubte, er könne Anakin ebenso gut unterweisen, wie Yoda. Seinen Status als alter, weiser Mentor für Luke musste er sich also auf irgendeine Art erarbeiten. Daraus hätte man für die PT durchaus was basteln können, auch ohne kurz vor knapp Qui-Gon einzufügen.
Es ist ein Dilemma, dass dieser Rat scheitern muss und trotzdem von dem weisen Yoda angeführt wird. Der Rat und der Jedi-Orden als Institution müssen also gleichzeitig altmodisch, verkrustet, arrogant, nicht auf der Höhe etc. dargestellt werden und trotzdem soll Yoda nicht beschädigt werden.
Qui-Gon ist eher in die Story gekommen, um Obi-Wan nicht zu beschädigen. Alles aufmüpfige und rebellische von Obi-Wan wurde auf Qui-Gon übertragen. Obi-Wan war in TPM eher auf Seiten des Jedi-Rates, nahm die Rolle als Anakins Meister nur widerwillig und im Gedenken an seinen getöten Mentor an. Die gesamte PT über wahrt Obi-Wan irgendwie sein sauberes Image, und sein Scheitern bei Anakins Ausbildung wird so rübergebracht, dass es eher an äußeren Faktoren, als an Obi-Wans Hybris liegt.
Für Yoda als permanenten Meister für Obi-Wan während Episode I würde es an Dramatik fehlen, weil einfach klar ist, dass beide Figuren bis in die OT hinein überleben müssen. Wie soll man da was interessantes erzählen, wenn diesen beiden Figuren ein derartig unzerstörbarer Plotarmor nicht weggenommen werden kann?
Yoda und Obi-Wan hätten auch ohne Qui-Gon nicht die komplette PT, bzw. nichtmal in TPM als Team auftreten müssen. Ein älterer Obi-Wan wäre sicher nicht mehr mit seinem Meister unterwegs gewesen, sondern allein als bereits fertig ausgebildeter Jedi. Ein guter Drehbuchschreiber hätte es sicher auch geschafft, Figuren, die die PT sicher überleben müssen, Entwicklung und Tiefe zu verpassen.
Das Einzige, was Qui-Gon dem Film selber wirklich bringt: Etwas Fallhöhe mit seinem Tod. (Und damit später in den Serien die emotionale Grundlage, damit der Konflikt zwischen Kenobi und Maul persönlicher ist als Good Guy vs. Bad Guy.)
Naja, der "Konflikt" zwischen Obi-Wan und Maul dauert nach Qui-Gons Tod, bzw. dessen tödlicher Verwundung noch 2 Minuten oder so. Von Maul wussten wir bis dahin gar nichts, und Obi-Wan hatte in dem Film bis dahin quasi nichts zu tun, außer dass er eben Obi-Wan ist, und ein paar Stichworte für Qui-Gon gibt.
C.