Bastion - Sith-Tempel – Pyramide der Extinktoren - Verhörraum V2, mit Darth Thanatos
Jeder Atemzug, den Eowyn jetzt tat, war wertvoll. Atmen war etwas so wunderbares, einzigartiges. Atmen hielt sie am Leben, aber atmen konnte auch mühsam und anstrengend sein. Und das war es, definitiv. Ihre Lunge brannte noch immer ein wenig, und jeder Atemzug brachte Bewegung in ihren Körper, dem Bewegung doch so gar nicht guttat aktuell. Trotzdem. Sie atmete - und dafür war sie dankbar. Immerhin.
Denn - wie lange noch? Wie lange noch, bis dieser Fehler sie alles kosten würde?
Ihre Augen waren geschlossen, der Kopf hing hinab, und da war nicht das kleinste bisschen Aufbegehren, das Eowyn unterdrücken hätte müssen, als Thanatos ihre Fußfesseln veränderte. Wie einfach wäre es gewesen, sich an den Ketten oben festzuhalten, ihn zu treten, während er da unten beschäftigt war, aber nein. Zu absurd, um auch nur daran zu denken. Der Moment war ohnehin bald vorbei, und der nächste brachte eine erneute Veränderung. Sie spürte das Ziehen an ihren Handgelenken, an ihren Schultern, als ihre Füße den Kontakt zum Boden völlig verloren. Das letzte bisschen Kontrolle war somit dahin. Noch konnte sie mit ein wenig Muskelkraft verhindern, dass ihre Bänder und Knochen Schaden nahmen, doch das würde wie lange halten - ein paar Sekunden? Wenige Minuten? Höchstens. Und dann?
Thanatos verstand sie nicht. Es lag nicht am Wollen, es lag am Können, aber dieser Unterschied war... zu unwichtig. Eowyn hörte seine Schritte, spürte seine Gegenwart, während ihr Körper unter der Belastung zu zittern begann. Das Geräusch eines Lichtschwertes ließ sie dann angstvoll zusammenzucken, und sie öffnete furchtsam ihre Augen. Die Klinge war nah, viel zu nah, und dem Belastungszittern gesellte sich nun noch ein zweites hinzu - das Zittern vor Angst. Sie presste ihre Augen wieder zusammen, ebenso die Lippen, und versuchte, sich zusammenzureißen; so sehr, denn Ian durfte das alles hier nicht spüren. Lichtschwertwunden waren... ungefährlich, redete sie sich ein. Sauber. Es gab mittlerweile so gute Prothesen, dass es keinen großen Unterschied machen würde. Es war... nicht so schlimm. Nicht so schlimm. Atmen. Atmen. ATMEN... Das Summen erlosch. Erleichterung strömte durch Eowyn hindurch, doch im nächsten Moment spürte sie das Heft des Schwertes an ihrer Klinge und Thanatos' Hand an ihren Wangen. Schmerzhaft drückte er sie zusammen, ihre linke Seite nahm es ihm besonders übel, und Eowyn war klar, dass er wollte, dass sie ihn ansah. Mit dem nächsten zitternden Atemzug öffnete sie ihre Augen und starrte in die seinen gelben, kämpfte den Drang, sie sofort wieder zu schließen, nieder.
Ihre Arme schmerzten mittlerweile höllisch, aber selbst dieser Schmerz rückte in den Hintergrund, als Thanatos' Gesicht ihr immer näher kam. Er würde... Was wenn... Atmen. Sie musste nur atmen. Es war okay. Alles war okay. Sie atmete... Sie atmete... Doch dann verschwand die Hand an ihren Wangen, fixierte ihren Kopf, und die nächste Erleichterung überrollte sie, direkt gefolgt von einer Ahnung. Nein. NEIN. Nicht jetzt. Nicht heute. NEIN! Für eine Sekunde dachte Eowyn an die Kapsel in ihrem Zahn, wog ab, wie die Chancen standen, dass sie sich ihm widersetzen konnte. Sie durfte die Mission nicht in Gefahr bringen. Er durfte nichts sehen, nicht einmal etwas ahnen - doch wenn sie den Notausgang wählte... die Reaktion Ians war nicht abzusehen. Beides konnte die Mission gefährden, aber vielleicht war ihre Vermutung auch falsch, und immerhin ging es hier um ihr Leben...
Eowyn konnte nicht mehr anders; sie musste ihre Augen schließen, als Thanatos ihr klarmachte, was ihr drohte und sie anschrie. Sie presste sie zusammen, so fest sie konnte und versuchte, ihre Angst in den Griff zu bekommen. Sie durfte keine Panik bekommen, und selbst ihre Angst, es war zu viel, zu stark, sie musste ruhig bleiben... Atmen. Den Geist leeren. Sie musste. Sie MUSSTE.
Ruhe.
Frieden.
Hülle.
Leer.
Niemand.
Niemand.
Absolut Niemand.
Sie spürte, wie jemand ungefragt in sie drang, unangenehm, schmerzend, aber sie wusste nicht wer, sie wusste nicht warum. Sie wusste rein gar nichts - denn sie war Niemand. Nichts und Niemand. Es dauerte nur kurz, und als es vorbei war, fühlte sich Niemand noch leerer als zuvor, und außerdem nackt, schutzlos und...
Neue Schmerzen brachten Eowyn zurück in die Realität. Ihr Kopf ruckte zur Seite, ihr Körper zwischen den Ketten schwankte bedrohlich. Es hatte doch alles keinen Sinn mehr. Er würde nicht aufhören. Und es tat weh, so weh, wenn Ian nicht wäre, wenn vor allem seine Mission nicht wäre... Thanatos hatte so Recht. Er würde alles bekommen - er hatte schon so vieles. Noch nicht ihr Wissen, doch ihre Seele schon längst, und bei ihrem Körper würde bald das letzte bisschen folgen, sie machte sich nichts mehr vor. Sie gehörte ihm, sie hatte keine Wahl. Doch gleichzeitig gehörte sie auch irgendwie den Jedi, noch immer, und sie wünschte, sie täte es nicht, denn dann wären ihre Entscheidungen so viel einfacher... Der Abend war so unglaublich fern, auch, wenn mittlerweile einige Zeit vergangen sein musste. Aber bis dahin überleben? Es erschien so unmöglich. Und Eowyn wusste absolut nicht, ob er das alles wert war...
Sie hörte etwas summen, doch es klang nicht genau wie ein Lichtschwert. Die Augen zu öffnen hatte sie keine Kraft mehr. Erneut diese Fragen... Erneut diese Forderungen. Erneut musste sie schweigen. Was erneut Strafen nach sich ziehen würde. Warum verkürzte er es nicht einfach, machte es für sie beide einfacher? Beendete alles? Sie konnte nicht reden. Auch sie hatte es nun begriffen; sie hatte solche Sorge gehabt, dass sie reden würde, doch letzten Endes... Letzten Endes bedauerte sie nun auch, dass sie es nicht konnte.
Sie wollte ihn anflehen, alles zu beenden, aber das hätte bedeutet, Worte zu formen, verständliche Worte, und falls er sich darauf eingelassen hätte... das konnte sie nicht. Sie konnte nicht darum bitten, sie konnte nichts aktiv dafür tun. Sie konnte nur warten und atmen...
Neue, plötzliche und schmerzhafte Qualen durchzuckten von ihrem Rücken aus ihren ganzen Körper, der stark in Schwingung geriet - und dann explodierten die Schmerzen in Eowyns noch geschwächtem rechten Handgelenk. Luxation, vermutlich, begriff der kleine, noch rational denkende Teil in ihr, während sie den Mund öffnete und schrie; obwohl die Schreie heiser klangen und den Qualen nicht einmal ein klitzekleines bisschen ein Ende bereiteten. Unbemerkt von ihr liefen ihr zum ersten Mal heute Tränen über das Gesicht. Es war ausweglos. Sie konnte nicht vor, nicht zurück. Sie konnte nicht reden, sie konnte nicht schweigen. Sie konnte nicht leben, sie konnte nicht sterben. Sie war... jetzt schon nur noch ein Klumpen Fleisch. Sie konnte nicht mehr, und sie wünschte langsam wirklich, heute wäre nicht der Tag der Tage. Da war kaum ein Körperteil, das nicht wehtat, und sie wusste genau, dass es hier nicht enden würde. Nein, Thanatos begann gerade erst. Es musste enden. Es musste einfach enden.
Und vielleicht würde es enden, wenn er begriff, dass sie wirklich nicht reden konnte. Vielleicht verlor er dann die Kontrolle. Nein, sie durfte das nicht wünschen, sie durfte es nicht provozieren, sie... Das durfte sie nicht. Aber... sie konnte ihn gewähren lassen. Es brachte Zeit. Zum überleben. Zum atmen. Und was spielte es schon für eine Rolle. Alles, was sie brauchten, war eben diese Zeit und Ian, der seine Aufgabe erfüllen konnte.
Nehmt mich ab, brachte Eowyn unter Mühen und Schmerzen hervor, als das Schreien abgenommen hatte, bevor sie begriff, was sie da tat. Bevor sie es sich anders überlegte, denn es gab keine Alternative, außer den Tod. Sie hatte nur ihren Notausgang, und den durfte sie nicht wählen, nicht heute. Wehre mich nicht. Nein, sie würde nur atmen. Atmen, zulassen. Niemand sein. Weg sein. Nichts sein. Sie wimmerte auf, als erneute Schmerzen ihr Handgelenk durchzuckten, weil sie sich leicht bewegt hatte. Tut es. Darum auch noch zu bitten oder betteln, das brachte sie nicht über sich. Das musste reichen. Und sie... sie würde einfach schon einmal verschwinden. Zur Hülle werden, zur Dienerin. Vielleicht bemerkte sie es nicht einmal, und wenn sie es nicht bemerkte, dann auch nicht Ian.
Also atmete sie weiter. Zog sich zurück. Atmete... und atmete.
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