Bei all den Egoproblemen, verursacht durch die Tatsache, daß ich plötzlich nicht mehr als Buch-Runtermacher gebraucht werde, habe ich doch glatt vergessen, meinen Senf zu Thrawn beizusteuern. Also...
Ich mag ihn. Bei den meisten Imperialen habe ich immer das Gefühl, es geht ihnen nur um Macht und persönlichen Erfolg. Gut, bei einigen ist es eher weniger persönlicher Erfolg, als vielmehr irgendein seltsamer Erfolgsdrang zur Befriedigung der Gelüste anderer (die verschiedenen Hände des Imperators oder Vader fallen in die Kategorie).
Aber es gibt drei imperiale Figuren, bei denen ich glauben kann, daß sie für eine Idee kämpfen, an die sie glauben. Bei einem der drei wird das vermutlich Entrüstung hervorrufen, aber daran sind wir in diesem Thread ja alle gewöhnt

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1. Palpatine. Ich weiß, es ist nur mein Idealismus, aber ich glaube, er kämpft für eine gute und gerechte Sache: Ordnung. Frieden. Sicherheit. Wenn man sich einmal die Welt ansieht, aus der er kommt - eine Welt voller Korruption, die langsam aber sicher unter dem Leichentuch von Angst und Haß erstickt, eine Welt, in der das gemeine Wohl keine Bedeutung mehr hat - dann kann man (oder vielmehr, dann kann ich) verstehen, daß Palpatine Alternativen gesucht hat. Sithvergangenheit hin oder her, seine Neue Ordnung war eine Alternative. Und wenn man nun noch die Yuuzhan Vong hinzuzieht, dann ist es wenigstens theoretisch möglich, sich vorzustellen, daß er sein Imperium als Schutzstaat gegen die drohende Invasion der Vong aufgebaut hat.
Wie gesagt, leicht idealistische Denkweise, aber ich glaube es nunmal.
2. Pellaeon: Er wuchs auf, als die Republik unterging, genau wie Palpatine. Er kämpfte für ihn und sein Reich, und sah seinen Kaiser sterben. Aber anders als die meisten Imperialen, wagte er es, zu fliehen. Das zeugt für mich von Respekt vor dem Leben. Er hat es vermieden, noch mehr imperiale Soldaten sinnlos zu opfern.
Dann seine Treue zu Thrawn, zu dem ich gleich noch komme: er ist ihm gefolgt, weil er wußte, daß er es mit jemandem zu tun hatte, der mehr über Kriegsführung und Siege wußte, als er selbst. Diese Selbsterkenntnis zeugt von einem wirklich aufrichtigen, auch zu sich selbst ehrlichen Mann. Wenn man sich den Haufen ansieht, der sonst um die Führung des Imperiums kämpft, ist das bewundernswert.
Schließlich der Friedensvertrag: ein beachtlicher Entschluß. Er hat Rebellen vertraut, den Leuten also, die er seit Jahren als Todfeinde ansehen mußte, und hat für dieses Vertrauen seine Stellung und damit sein Leben riskiert. Mutig, großartig und wieder einmal bewundernswert.
3. Thrawn: Er hat gegen die Jedi-Ritter mit Palpatine gemeinsame Sache gemacht. Das kann ich nicht gutheißen. Aber seine Erfolge in den unbekannten Regionen machen dies letztlich wieder wett. Wir wissen nur wenig über die Gefahren, die an den Grenzen der Galaxis lauern, doch wenn selbst ein Genie wie Thrawn unfähig ist, sie endgültig zu vernichten, müssen sie gewaltig sein.
Zu einer Zeit, als das Imperium noch Hoffnung hatte, den Bürgerkrieg zu gewinnen, hat er für das Imperium mit aller Energie gekämpft. Später hätte er es, meiner Meinung nach, nicht mehr getan. Im Gegensatz zu Daala ging es ihm um den Sieg, nicht um möglichst große Verwüstungen auf dem Territorium seiner Feinde. Er war niemand, der einfach nur gegen etwas kämpfte, sondern einer, der, wie Palpatine und Pellaeon, glaubte, für eine gute und gerechte Sache zu kämpfen.
Daß diese Sache falsch war, spricht gegen ihn. Daß er bis zum äußersten an sie glaubte, eigentlich nicht.
Und zu seinem Kunstgenie: es gibt Leute, die glauben, anhand der Linien einer Hand die Zukunft sehen zu können. Andere glauben, in den Karten lägen Einsichten über künftige Ereignisse verborgen. Thrawn glaubte an die Kunst. Kann das funktionieren? In gewisser Hinsicht, glaube ich, ja. Denn wenn immer jemand Kunst herstellt, fließt ein Teil seiner Persönlichkeit in diese Kunst hinein. Und Thrawn hat ja nie nur ein Bild, oder eine Skulptur betrachtet, sondern viele verschiedene Werke. Wenn eine Spezies jahrhundertelang die Sterne nachzubilden bemüht ist, zeigt dies wohl, daß die Sterne für die Kultur fast kultischen Charakter haben. Ein Stratege könnte also daraus schließen, daß ein Angriff bei Nacht größeren Erfolg versprechen könnte, als ein Angriff am Tag, vor allem, wenn der Angriff mit schwarzen Schiffen von Himmel herab erfolgt, weil diese Kultur glauben könnte, die Götter würden herabsteigen.
Primitives Beispiel, richtig. Aber ich glaube, Thrawns Genie könnte funktionieren. Und letztlich zeigt die Thrawntrilogie ja auch, daß selbst Thrawn nicht unfehlbar war. Und allein schon sein Tod verleiht der Thrawn-Trilogie und der Figur Thrawn das Maß an Glaubwürdigkeit, das sie braucht, um, wenigstens für mich, real zu erscheinen.