Ich ziehe dann mal ein knappes Zwischenfazit zur WM. Eigentlich wollte ich dies erst nach der morgigen Beendung der Gruppenphase tun, aber die Umstände des DFB verleiten mich dazu...
- Die WM ist, wie man so hört und liest, super organisiert und überrascht angenehm mit tollen VAR und gerechten Nachspielzeiten
- Die Gruppenspiele hatten so manche Überraschung parat, wenngleich sich schlussendlich die meisten (*hust*) Favoriten durchgesetzt haben
Die deutsche Nationalmannschaft hat natürlich mächtig enttäuscht. Auch ich ließ mir vom Begriff „Turniermannschaft“ den Kopf verdrehen und ging vor der WM „zumindest“ von einem Gruppensieg aus, dessen folgende Reise auf beispielsweise einen vierten Platz führen würde. Dass die DFB-Mannschaft aber bereits in der Vorrunde die Segel streicht, erschien allein statistisch schon undenkbar. Möglicherweise sind wir hier aber auch schon beim springenden Punkt: undenkbar. Undenkbar war vieles vor dem Turnier. Zum Beispiel, dass man lediglich drei Punkte aus drei Spielen holt, welche man vorher laut Bierhoff und Löw monatelang in allen Konstellationen simuliert hatte und was weiß ich nicht alles. Oder dass es ein Müller tatsächlich fertig bringt, seine Leistungen aus der Saison-Schlussphase bei Bayern München nochmal zu unterbieten. Oder dass man sich nach wochenlangem Livegetickere über den „Fuß der Nation“ als gegenüber der Politik dominierendes Nachrichtenthema in Russland letztlich völlig blamieren würde. Oder dass die Kritiker sich eventuell doch nicht „insgeheim gewünscht haben, dass wir rausgehen“ (Herr Toni Kroos), sondern diesen und jenen Defizit im Mannschaftsbereich ausgemacht zu haben glaubten. Oder, oder, oder. Kurzum: Diese Weltmeisterschaft war eine Farce des DFB. Man kann nicht permanent vom Titel reden (Warum hat man das überhaupt gemacht? Wenn man sich nur mit verfrühten Träumereien vom erneuten Titel motivieren kann, sollte man ohnehin zurücktreten...), sich im Turnierverlauf noch großkotzig geben („Das war ein Auftaktspiel und die Leute werden gleich persönlich und überkritisch. Bei uns ist alles intakt.“) und dann nach drei Spielen den Rückflug antreten. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will - das war nichts dieses Jahr. Das Urteil der Fans und Medien wäre wohl milder ausgefallen, wenn man die Bedingungen für das Turnier etwas anders formuliert hätte. So aber bleibt diese WM als misslungener Versuch, arrivierte aber formlose Kräfte nochmal zu einem großen Coup zu motivieren, in Erinnerung. Die logische Konsequenz müssten jetzt eine ganze Reihe an Rücktritten bzw. Nicht-Nominierungen sein. Jetzt muss das Team auf Juni 2020 eingestimmt werden und dann zählt Weitsicht. Ist ein Khedira mit dann 33 Jahren noch ein sinnvoller Spieler? Ist ein Reus mit 31 Jahren noch ein sinnvoller Spieler? Selbst über Boateng (31), Hummels (31), Müller (30) und Özil (31) ließe sich streiten. Ach ja, Özil! Ich zähle mich derweil übrigens nicht zur Fraktion, die es sich so leicht macht, das WM-Aus an der bloßen Nominierung von İlkay Gündoğan und Mesut Özil festzumachen. Dieses Thema scheint das Team zwar insgesamt belastet zu haben, aber Özil war sowohl gegen Mexiko als auch gegen Südkorea bei weitem nicht der schlechteste Spieler. Etwas uninspiriert und mit wenig Mitarbeit der Mitspieler lief er über den Rasen, das mag sein, aber „totale Antihaltung“ usw. konnte ich bei ihm nicht feststellen; nichtsdestotrotz muss auch er zu hinterfragen sein. Was die Kaderplanung von Joachim Löw angeht, vermag ich mir kein Urteil zu erlauben, denn im Nachhinein sind viele immer schlauer. „Wagner statt Gómez und wir wären jetzt im Achtelfinale! Und Sané statt Goretzka!“ Ja, das kann sein. Aber wer will jetzt mit 1000%iger Sicherheit sagen, dass es dann großartig anders gelaufen wäre? Vielleicht hätte Wagner auch nur in der Box herumgestanden. Vielleicht hätte Sané auch nur wieder ein paar seiner im DFB-Dress bekannten kopflosen Dribblings gezeigt. Die Trainingsleistungen konnten wir desweiteren alle ohnehin nicht bewerten. Stand jetzt scheint einzig ein Rücktritt von Löw als wahrscheinlich, wobei man sich damit nur mit Aussagen wie „Turnier ist mir komplett aus der Hand geglitten, ich übernehme kurzfristig die volle Verantwortung“ vor allzu fragwürdigem Kopfschütteln ob der vorzeitigen Verlängerung bis 2022 retten kann.
Sättigung, Arroganz und möglicherweise falsche Kaderplanung führten somit zur rumpligen Entthronung des Weltmeisters von 2014.