Tagespolitik allgemein

Ich bin auch kein Fan von direkter Demokratie.
Es gaukelt einem zwar vor, mehr Entscheidungskraft zu haben, aber letzlich hat man doch immer noch Kompromisse einzugehen. Und am Ende gewinnt dann nicht derjenige, der Recht hat, sondern der, der die meisten Befürworter mobilisieren kann, sprich der mit der meisten Kohle für Kampagnen etc.
Manchmal ist es auch gut so dass die Politik über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden kann. Hätte man die Bürger befragt, es hätte die Agenda 2010 Reform nie gegeben, und würde man ständig die Bürger befragen wo Stromtrassen gebaut werden dürfen kämen wir bei der Energiewende überhaupt nicht voran (das ist ja jetzt schon viel zu schleppend).
 
Ich hoffe mal, dass dem so ist. Trotzdem sehe ich große Probleme bei der Umsetzung einer direkten Demokratie. Viele Sachverhalte sind doch recht kompliziert und lassen sich nicht auf eine simple Ja/Nein-Frage runterbrechen. Desweiteren möchte ich manchmal die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn ich sehe, wie es um die politische Bildung vieler Menschen in diesem Land bestellt ist. Ein Blick in die Kommentarspalten großer Nachrichtenportale spricht da Bände.

C.
Das sehe ich etwas anders. Für den Bundestag gibt es immerhin auch keine fachlichen Zugangsbeschränkungen - bekanntlich hat Claudia Roth noch nicht mal eine Ausbildung genossen. Zudem wird in der indirekten Demokratie auch nur ein Mehrheitsvotum durch ein anderes ersetzt, nur dass der Volkswille in mehrstufigen Wahlverfahren keinesfalls besser abgebildet wird. Das beste Beispiel war vielleicht der Beschluss zum Vertrag über eine Verfassung für Europa, infolgedessen man sogar noch die Unverfrorenheit besessen hat, die EU-Staaten, in denen Referenden durchgeführt wurden, beeinflussen zu wollen. Und ich hab das schon mehrfach erwähnt: Repräsentative Demokratien neigen langfristig dazu, sich zu Oligarchien mit Wahlelement zu entwickeln. Meines Erachtens haben die im Bundestag vertretenen Parteien viel zu viel Legislaturperioden-übergreifenden politischen Einfluss, weil sich immer wieder der selbe Klüngel von Partei-Bonzen gegenseitig nach oben pusht. Nicht, dass ich das per se schlecht finde, da eine gewisse Organisationsstabilität durchaus gewährleistet sein muss, aber es fehlt eindeutig ein Gegenpol zu dieser Form von Willensbildung.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das sehe ich etwas anders. Für den Bundestag gibt es immerhin auch keine Zugangsbeschränkungen - bekanntlich hat Claudia Roth noch nicht mal eine Ausbildung genossen.

Politische Blidung hat allerdings nur Bedingt etwas mit dem Bildungsgrad oder dem Schulabschluss zu tun, sondern viel mehr mit der Bereitschaft, sich zu informieren und eine Meinung zu bilden. Ich kenne sowohl Menschen, die eine gute, teils akademische Ausbildung vorweisen können, sich jedoch neben ihrem Fachgebiet für wenig anderes, und schon garnicht für Politik interessieren, als auch Leute, die mit 9 Jahren Hauptschule und einer Handwerkslehre sehr differnzierte politische Ansichten pflegen.

Das beste Beispiel war vielleicht der Beschluss zum Vertrag über eine Verfassung für Europa, infolgedessen man sogar noch die Unverfrorenheit besessen hat, die EU-Staaten, in denen Referenden durchgeführt wurden, beeinflussen zu wollen.

Beeinflussung durch verschiedene Interessengruppen wirst Du allerdings auch bei einer direkten Demokratie zuhauf haben, da nunmal verschiedene Parteien auch verschiedene Vorstellungen davon haben, wie ein Referendum auszufallen hat.

C.
 
Beeinflussung durch verschiedene Interessengruppen wirst Du allerdings auch bei einer direkten Demokratie zuhauf haben, da nunmal verschiedene Parteien auch verschiedene Vorstellungen davon haben, wie ein Referendum auszufallen hat.
C.
Das ist richtig. Aber es sollte den Lobbygruppen erheblich schwerer fallen, ihre Interessen durchzusetzen, wenn die umgarnten Politiker diese vor einer Volksabstimmung öffentlich verargumentieren müssen.
 
Ich bin zwar selbst für Mechanismen der direkten Demokratie aber ich sehe oder fühle im Hinblick auf Deutschland das der Beteiligung nur mäßig ausfallen würde, gäbe es solche neuen Möglichkeiten. Dafür haben die Deutschen schon zu lange unter einer repäsentativen Dem. gelebt...Die Schweizer sind da etwas entwickelter was politische Bereitschaft sowie politische Wissensbildung angeht.
 
Das ist richtig. Aber es sollte den Lobbygruppen erheblich schwerer fallen, ihre Interessen durchzusetzen, wenn die umgarnten Politiker diese vor einer Volksabstimmung öffentlich verargumentieren müssen.
Naja, dass man aber nicht unbedingt Argumente haben muss um Anhänger zu gewinnen konnte man ja vor über 80 Jahren gut sehen..
 
Wieso soll es diesen Lobbygruppen schwerer fallen? Sie können Fernsehwerbung schalten, sie können Plakate sponsorn, sie können Zeitungen für sich vereinnahmen und bestimmt noch viele andere Dinge tun, an die ich gerade gar nicht denke. Zu Mal auch dieses öffentliche verargumentieren nicht so pralle ist, wie es scheint. Wenn dann die Analysen anfangen und man aus allen möglichen Kleinigkeiten irgendwelche Schlüsse zieht und am Ende der gewinnt, der womöglich nur am besten geredet hat, ist auch nichts gewonnen.
 
Ich sehe das so dass viele (wenn nicht sogar die meisten) überhaupt nicht in der Lage sind, politische Entscheidungen richtig einzuschätzen. Das mag bei kleineren Dingen noch funktionieren, bei größeren Projekten die über 5 Jahre hinaus geplant sein müssen fehlt jemanden, der nicht in der Materie steckt, einfach die Sachkenntnis.
Beispiel Energiewende: Wenn man Bürger fragen würde, würde wohl nirgendwo eine Stromtrasse oder ein neues Kraftwerk gebaut werden. Beispiel Reform des Sozialsystems: Viele waren anfangs dagegen da die kurzfristigen Folgen eher schmerzhaft waren. Dass Deutschland durch diese Reformen langfristig besser dasteht hat kaum jemand gesehen.
 
Politische Blidung hat allerdings nur Bedingt etwas mit dem Bildungsgrad oder dem Schulabschluss zu tun, sondern viel mehr mit der Bereitschaft, sich zu informieren und eine Meinung zu bilden. Ich kenne sowohl Menschen, die eine gute, teils akademische Ausbildung vorweisen können, sich jedoch neben ihrem Fachgebiet für wenig anderes, und schon garnicht für Politik interessieren, als auch Leute, die mit 9 Jahren Hauptschule und einer Handwerkslehre sehr differnzierte politische Ansichten pflegen.
Das reguliert sich aber alles in der großen Masse auf einen Mittelwert. Wenn Volksentscheide empfänglicher für radikale Strömungen usw. wären, dann säßen die betreffenden Parteien auch schon längst im Bundestag. Im Übrigen hebelt das Ganze nicht den Rechtsstaat aus - dieser bleibt völlig unbeeinflusst davon bestehen mit Normenkontrollverfahren usw. Und offensichtlich funktioniert es in anderen Ländern ausgesprochen unproblematisch.

Beeinflussung durch verschiedene Interessengruppen wirst Du allerdings auch bei einer direkten Demokratie zuhauf haben, da nunmal verschiedene Parteien auch verschiedene Vorstellungen davon haben, wie ein Referendum auszufallen hat.
Das war aber von vornherein gar nicht mein Argument, sondern ich habe vielmehr die (zum Glück vergebliche!) grenzübergreifende Beeinflussung seitens deutscher Politiker kritisiert, nachdem diese sich bereits angemaßt haben, eine derart weitreichende Entscheidung im Alleingang zu treffen.
 
Politische Blidung hat allerdings nur Bedingt etwas mit dem Bildungsgrad oder dem Schulabschluss zu tun, sondern viel mehr mit der Bereitschaft, sich zu informieren und eine Meinung zu bilden. Ich kenne sowohl Menschen, die eine gute, teils akademische Ausbildung vorweisen können, sich jedoch neben ihrem Fachgebiet für wenig anderes, und schon garnicht für Politik interessieren, als auch Leute, die mit 9 Jahren Hauptschule und einer Handwerkslehre sehr differnzierte politische Ansichten pflegen.

Als politisch interessierter Hauptschüler mit Handwerksausbildung danke ich Dir hiermit:D
 
Wieso soll es diesen Lobbygruppen schwerer fallen? Sie können Fernsehwerbung schalten, sie können Plakate sponsorn, sie können Zeitungen für sich vereinnahmen und bestimmt noch viele andere Dinge tun, an die ich gerade gar nicht denke. Zu Mal auch dieses öffentliche verargumentieren nicht so pralle ist, wie es scheint. Wenn dann die Analysen anfangen und man aus allen möglichen Kleinigkeiten irgendwelche Schlüsse zieht und am Ende der gewinnt, der womöglich nur am besten geredet hat, ist auch nichts gewonnen.
Ich unterstelle, dass bei öffentlich geführten Argumentationen zu Sachthemen seitens der (industriellen) Lobbyisten immer noch deutlich weniger "Manipulationsfläche" in einer offenen Diskussionskultur vorhanden ist als teils hinter verschlossenen Türen in direkten Verhandlungen mit den Parlamentariern.
Letztgenanntes kann dem Volksentscheid gern vorausgehen, völlig ok. Aber über das Ergebnis soll final abgestimmt werden.

Und ich gebe gern zu, dass meine Intention hier auch sehr von der aktuellen Handhabung rund um TTIP & Co beeinflusst ist, wo alle möglichen Industrievertreter/Lobbyisten involviert sind, aber das Volk (bzw. teils auch die nationalen Parlamente) quasi komplett außen vor gelassen werden.
Wenn daraus ein Abkommen entsteht wo selbst die nationalen Parlamente nur bedingt Einfluss nehmen konnten und was überdies "unkündbar" ist, habe ich erhebliche Probleme dies als demokratisch zustande gekommenen Prozess anzusehen. Aber klar, man muss hier auch aufpassen nationale und internationale Belange letztlich nicht zu vermischen.

@ Sol
Natürlich muss eine Auswahl der Themen erfolgen.
Allerdings herrscht auf Bundesebene ein konsequentes Nein für alle derartigen Überlegungen.
Die Energiewende wäre hierfür eher nicht geeignet gewesen.
 
Auch mal spannend:
http://www.focus.de/finanzen/news/o...in-der-hand-von-einem-prozent_id_4414988.html

Gefühlt haben es die meisten wohl schon immer gewusst, aber hier aktuelle Zahlen dazu
Man merkt es ja schon heute. Immer mehr Billiglöhne, größere Armut vor allem bei vielen Alten, aber gleichzeitig Rekordgewinne bei den Konzernen. Noch ein paar Jahrzehnte und dieses System wird Kollabieren. Das ist das Problem am Kapitalismus. Und die lieben Politiker reden uns diese Scheisse auch noch schön und hoffen das wir nix merken . Dagegen sollte man mal auf die Straße gehen.
So kompliziert ist diese Welt nämlich garnicht . ^^
 
Jap, das ist leider sehr traurig, und anscheinend fühlt sich keiner von den großen Parteien verantwortlich was dagegen zu unternehmen. Das ist ja nicht nur ein Welt weites Problem, sondern seit über 20 Jahren! auch ein Deutsches.
Die einzige Partei die sich für eine Überarbeitung des Steuersystems, die Einstellung neuer Steuerfahnder, Erhöhung des Spitzensteuersatzes und für eine Reichensteuer einsetzt, bzw dies nach ihrem Wahlprogramm tun würde und schon seit Jahren fordert, ist die ach so böse Linke.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die einzige Partei die sich für eine Überarbeitung des Steuersystems, die Einstellung neuer Steuerfahnder, Erhöhung des Spitzensteuersatzes und für eine Reihensteuer einsetzt, bzw dies nach ihrem Wahlprogramm tun würde und schon seit Jahren fordert, ist die ach so böse Linke.

Was man alles fordert und später als Realpolitik umsetzt sind doch 2 Paar Schuhe. Oder meinst du, die Linke könnte/würde sich gegen die Lobbys durchsetzen, wenn sie in der Regierungsverwantwortung wären? Die würden auch nur mit dem Arsch an die Wand kommen wollen...
 
Was man alles fordert und später als Realpolitik umsetzt sind doch 2 Paar Schuhe. Oder meinst du, die Linke könnte/würde sich gegen die Lobbys durchsetzen, wenn sie in der Regierungsverwantwortung wären? Die würden auch nur mit dem Arsch an die Wand kommen wollen...
Der Unterschied ist allerdings der, dass die Linke nicht von Konzernen und Lobbyisten abhängig ist, wie die anderen großen Parteien welche von ebendiesen Spenden leben.


Außerdem nicht ganz unrelevant zur Thematik

Diese zehn Mega-Konzerne kontrollieren fast alles was wir essen - Fokus Online

Man merkt schon das sich langsam alles bei den riesigen Konzernen und Firmen zusammenfindet. Egal in welcher Branche. Alles findet sich bald in einem Oligopol wieder und wird so monopolisiert, da sich der Konkurrenzkampf quasi nur noch auf ein paar Firmen im jeweiligem Mark oder Branche beschränkt. Da fragt man sich doch was die Kartellämter eigentlich so den ganzen Tag machen.
 
Die einzige Partei die sich für eine Überarbeitung des Steuersystems, die Einstellung neuer Steuerfahnder, Erhöhung des Spitzensteuersatzes und für eine Reihensteuer einsetzt, bzw dies nach ihrem Wahlprogramm tun würde und schon seit Jahren fordert, ist die ach so böse Linke.

Ist das die selbe Partei die sich ach so vehemend für den Mindestlohn aufbläst und die Ausnahmen wie z.B. bei Praktikanten als Werk des bösen Geldgottest verdammt ?
Und die ihren Praktikanten selber keinen Cent bezahlt ?:yodadevil:
 
Der Unterschied ist allerdings der, dass die Linke nicht von Konzernen und Lobbyisten abhängig ist, wie die anderen großen Parteien welche von ebendiesen Spenden leben.

Das liegt vielleicht auch noch daran, dass sie zu klein und unbedeutend sind. Sobald sie eine wirkliche Chance auf Regierung in mehreren Ländern oder dem Bund, bin ich mir sicher, würden auch Konzerne und Lobbyisten bei der Linken aktiv werden.


Außerdem nicht ganz unrelevant zur Thematik

Diese zehn Mega-Konzerne kontrollieren fast alles was wir essen - Fokus Online

Man merkt schon das sich langsam alles bei den riesigen Konzernen und Firmen zusammenfindet. Egal in welcher Branche. Alles findet sich bald in einem Oligopol wieder und wird so monopolisiert, da sich der Konkurrenzkampf quasi nur noch auf ein paar Firmen im jeweiligem Mark oder Branche beschränkt. Da fragt man sich doch was die Kartellämter eigentlich so den ganzen Tag machen

Das ist in meinen Augen aber ein alter Hut. Aber natürlich stimmt es, was du schreibst, das man sich fragt, wozu in Kartellämtern Leute gegen Bezahlung sitzen und womit die ihre Zeit totschlagen.

Abgesehen davon, interessanter Artikel, der polarisieren kann: http://www.ipg-journal.de/rubriken/.../charlie-hebdo-und-das-linke-appeasement-733/
 
Zurück
Oben