Sicherheitspolitisch brachte der heutige Montag den sogenannten "Munitionsgipfel" im Bundeskanzleramt, bei dem erörtert werden sollte, wie die vollkommen unzureichenden Munitionsvorräte der Bundeswehr aufgestockt werden können. Allzu hohe Erwartungen kann man daran jedoch nicht knüpfen: Es handelt sich von Seiten von Scholz und Lambrecht wohl primär um Schaupolitik, um energisches Handeln vorzutäuschen.
Während das "Sondervermögen" durch die Inflation jeden Tag drastisch schmilzt, scheint die Bundesverteidigungsministerin weiterhin primär mit Imagepflege beschäftigt zu sein: Wie schlecht es wirklich um die Munitionsvorräte steht (glaubwürdige Schätzungen gehen von Vorräten aus, die vielleicht ein bis zwei Tage ausreichen)*, soll wohl nicht nach außen dringen. Auf entsprechende Verschwiegenheit und "Loyalität" soll Lambrecht insbesondere die Inspekteure der Teilstreitkräfte eingeschworen haben. Und natürlich werden SPD-nahe Leute an den "richtigen" Stellen positioniert - unter Genossen hilft man sich doch gerne, im massiv aufgeblähten und unfähigen Wasserkopf ein Pöstchen zu ergattern.
Ich sag es gerne wieder: Der deutsche Verteidigungsetat seit 1990 war an der Wirtschaftsleistung gemessen (der essentielle Faktor, nicht die reine Summe) immer (sehr) knapp kalkuliert. Vorausschauende Regierungen, engagierte Minister, ein effizientes Beschaffungswesen, schlanke Strukturen, sorgfältige Auswahl, klare Zielvorstellungen und eine Generalität mit ein bisschen Rückgrat hätten aber wahrscheinlich trotzdem genügt, um die Verpflichtungen der Landes- und Bündnisverteidigung glaubwürdig zu erfüllen. Dann wären weder der völlige Verfall der Bundeswehr passiert noch ein teurer und unzureichender Wiederaufbau nötig gewesen. Stattdessen hat man den schlechtesten gangbaren Weg gewählt und steht nun vor den Scherben dieser Politik.
Auch die europäische und deutsche Rüstungsindustrie hat ihren Anteil an der Misere. Das Klagen darüber, dass nun einige Aufträge in die USA gehen, klingt ausgesprochen hohl, wenn man an Produkte wie den Eurocopter Tiger oder NH90 denkt. Beide hatten eine absurd lange Entwicklungszeit, blieben technisch weit hinter den Erwartungen zurück, haben selbst viele Jahre nach Einführung noch zahllose Kinderkrankheiten und sind auch in Wartung und Betrieb teurer und aufwändiger als vergleichbare Produkte. Es hat schon gute Gründe, warum unter anderem Norwegen, Schweden und Australien diesen fliegenden Betriebsunfall so schnell wie möglich loswerden und durch bewährte Produkte ersetzen wollen. Das Argument "Taugt zwar nix, kommt aber aus Deutschland/Europa" ist nun wirklich sehr, sehr schwach.
Das Verteidigungsministerium als "Schleudersitz" der deutschen Politik mag generell Teil des Problems sein. Aber auch die einzelnen Parteien haben da sehr viel Verantwortung zu tragen. AfD und Linke klammere ich jetzt mal höflich aus. Bei der SPD wurden sicherheitspolitisch engagierte Leute wie Bartels immer sehr schief angesehen und als "Kriegstreiber" verunglimpft. Die Union tat zwar immer so, als würde sie sich einsetzen, setzte aber nur zu gerne den Rotstift an und zeigte gerade unter der Regierung Merkel ein absolutes Desinteresse an solchen Fragen. Die FDP (Strack-Zimmermann beste Frau) schlug in eine ähnliche Kerbe - Sicherheitspolitik ja, aber kosten darf sie bloß nichts. Und die Grünen hatten immer mit dem Fundi-Flügel zu kämpfen, für den solche Themen ebenfalls ein rotes Tuch waren (und, wenn auch deutlich leiser, sind).
Kurzum: Diese Misere hat viele Väter und Mütter und wird uns noch eine ganze Weile beschäftigen.
https://www.zeit.de/politik/deutsch...kanzleramt-bundeswehr-ukraine/komplettansicht
*von Seiten der NATO wird ein Vorrat von 30 Tagen als notwendig erachtet, um im Krisenfall gewappnet zu sein.