[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Hütte] Arda Targon und die Partisanen
Trotz der Wärme der hellen Sonne Tirahnns, deren Strahlen durch die Baumwipfel um eine kleine Lichtung in den Wäldern östlich von Rhovan schienen, fröstelten viele der in der schlichten Holzhütte im Zentrum der leeren Fläche versammelten Lebewesen. Der kalte Schauder, der einigen der elf Männer und Frauen verschiedener Spezies über den Rücken lief, hatte wenig bis nichts mit Temperaturen oder Sonnenschein zu tun, sondern mit einem Gefühl, das für zahlreiche Tirahnner seit Beginn der imperialen Besatzung zu einem ständigen Begleiter geworden war, die nagende Paranoia, ins Visier der neuen Herren dieser Welt zu geraten und für Kritik oder auch nur auf Verdacht verhaftet zu werden. Man erzählte sich Geschichten über ganz normale Bürger, die mitten in der Nacht verschwunden waren, ihre Familien, Freunde und Bekannte erhielten keine Auskunft darüber, was mit ihnen geschehen war, und was wohl am schlimmsten war, wer zu viele Fragen stellte, verschwand nicht selten selbst. Ein Klima des Misstrauens und der Angst herrschte auf der scheinbar so idyllischen Welt, denn es gab auch genügend Tirahnner, die sich mit dem Regime mehr oder weniger arrangiert hatten und wenn man an einen solchen Kollaborateur geriet, konnte schon ein falsches Wort genügen, um den Job zu verlieren oder unfreundlichen Besuch von der unter imperialer Kontrolle stehenden planetaren Polizei zu erhalten. Und das war noch das harmlosere Szenario, ganz besonders gefürchtet waren die Männer in zivil mit den kalten Augen, die bei bekannten Dissidenten an die Türen klopften und nach Verlassen des Hauses völlig eingeschüchterte Lebewesen zurückließen. Bis jetzt hatten es die Imperialen bei diesen vergleichsweise subtilen Methoden belassen und auf allzu offensichtliche Unterdrückungsmaßnahmen verzichtetet, wohl in dem Bestreben, Tirahnn möglichst geräuschlos und ohne große Unruhen ins Imperium zu integrieren. Irgendwann, so dachte man wohl, würde die Mischung aus Einschüchterung, Propaganda, Indoktrination und der ganz alltägliche Druck, sich anzupassen, dazu führen, dass die einst auf ihre Freiheit und Demokratie stolzen Tirahnner, deren Welt vor noch nicht allzu langer Zeit Teil der Neuen Republik gewesen war, sich mehr oder weniger bereitwillig dem Imperium unterwerfen würden.
Es war ein kluger Plan, ein weitsichtiger Plan, vor allem war es aber ein furchtbarer Plan, und Arda Targon ballte die Fäuste, als sie versuchte, sich nichts von ihrem Zorn anmerken zu lassen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Die ehemalige Polizistin, die sich angesichts der Wahl, entweder für das Imperium zu arbeiten oder den Dienst zu quittieren, für letzteres entschieden hatte, um ihre Ehre und Integrität zu wahren, stand in der Mitte des großen Hauptraums der spartanisch, aber liebevoll eingerichteten Hütte. Ihre wachen, neugierigen dunkelbraunen Augen huschten über über die Gesichter der Anwesenden und rasch beruhigte sich die sportliche Frau Mitte dreißig. Sie alle waren hierhergekommen, um etwas zu tun, nicht, um sich in Hass und Selbstmitleid zu suhlen. Fast automatisch straffte die dunkelhäutige Menschin ihre Haltung und ihre Gesichtszüge vermittelten zugleich Entschlossenheit und Verständnis. Für jeden in diesem Raum war es ein großes Risiko, an dieser Versammlung teilzunehmen, einige hatten durch das Imperium schon so viel verloren. Da war Ohtar, gekleidet in für Wald angemessener Kluft, ihr Fels in der Brandung, der großgewachsene Devaronianer mit den markanten Hörnern hatte zusammen mit ihr den Polizeidienst quittiert, weil er ihre Prinzipien teilte. Trotz seiner nichtmenschlichen Herkunft hätten wohl auch die Imperialen ihn gerne in den Reihen der neuen planetaren Polizei gesehen, er war ein zäher und kluger Zeitgenosse und hatte einst zu den Spezialkräften gehört, den Männern und Frauen, die man rief, wenn es wirklich brenzlig wurde und es galt, bewaffnete Geiselnehmer, Räuber, Mörder und ähnliche gefährliche Zeitgenossen festzunehmen oder auszuschalten. Aufgrund seines Alters war er in den Streifendienst gewechselt, Arda und er waren Partner geworden und verstanden sich blind. Als der Gehörnte ihren Blick bemerkte, lächelte er dünn und nickte ihr ermutigend zu, er vertraute ihr. Das galt auch für den Twi´lek und seine menschliche Frau, die neben dem ehemaligen Polizisten standen, Narmacil und Tiniri Dubril gehörte die Hütte, in der diese Versammlung stattfand. Die beiden waren beneidenswert glücklich miteinander und hatten als Jäger und Förster ein harmonisches Leben am Rand der Zivilisation geführt, bis das Imperium ihren Grund und Boden ohne Entschädigung beschlagnahmt hatte, um dort Bohrungen durchzuführen. Man hatte wohl nicht damit gerechnet, dass die beiden in dunkelgrüne Kleidung Eheleute Ärger machen würden. Vielleicht hätte man damit sogar richtig gelegen, wenn da nicht ein kleines, aber feines Detail gewesen wäre: Bevor sich die Menschenfrau mit den täuschen weichen, freundlichen Gesichtszügen und dem kurzen blonden Haare für ein ruhiges Leben in der Natur entschieden hatte, war Tiniri viele Jahre Mitglied der Scouts der Republikanischen Armee gewesen. Sie konnte besser mit einem Blaster umgehen und in den Wäldern überleben als jeder andere hier, und mit ihrem Mann, der diese Gegend wie seine Westentasche kannte und mehrere Male gefährliche Raubtiere zur Strecke gebracht hatte, die sich zu nah an bewohnte Gebiete herangewagt hatten, bildete sie ein eingespieltes Team. Der Twi´lek trug die Blessuren, die das raue Leben mit sich brachte, voller Stolz. Auf diese beiden war ebenfalls Verlass. Das galt auch für Minastan Hallas, der mürrisch dreinblickende Duros war zwar schon etwas über fünfzig Jahre alt, aber als imperiale Truppen versucht hatten, seine Ernte an sich zu nehmen, war er drauf und dran gewesen, sich ihnen nur mit einem alten Projektilwerfer bewaffnet in den Weg zu stellen. Einige zur Hilfe geeilte Nachbarn hatten es gerade noch geschafft, ihn davon abzuhalten und die Lage zu beruhigen, aber seit diesem Tag glommen die roten Augen des Nichtmenschen vor Zorn und dem Wunsch, es seinen Peinigern heimzuzahlen. Geräuschvoll holte der Duros Luft, ihm schien die Luft in der Hütte nicht allzu gut zu tun, aber er grimmig ließ er sich nichts anmerken. Arda respektieren den älteren Mann, er würde lieber verglühen als langsam verblassen. Das hatte er mit Aram Folcred gemeinsam, und als Arda einen Blick auf den traurig wirkenden jungen Menschen warf, dessen wuscheliges braunes Haar ihn noch jünger als seine kaum zwanzig Jahre wirken ließ, fühlte sie einen Kloß im Hals. Die Eltern des jungen Mannes waren bei der imperialen Invasion getötet wurden, niemand wusste, wie genau, aber was auch immer passiert war, Aram hatte es mitansehen müssen und an diesem Tag war etwas in ihm zerbrochen. Trauer hatte sich mit Hass gemischt und mehrere Male war er nur knapp der Verhaftung entgangen, weil mit ihm Mitleid empfindende Beamte der planetaren Polizei ihn hatten laufen lassen oder vorgewarnt hatten, nachdem er wieder einmal Steine auf imperiale Fahrzeuge geworfen hatte. Es gefiel Arda nicht, ein so junges Lebewesen an ihrem Kampf zu beteiligen, aber sie hatte ihn nicht davon abbringen können und wenn er in ihrer Nähe blieb, konnte sie vielleicht auf ihn aufpassen und ihn beschützen. Im Gegensatz zu dem Jungen brauchten die beiden exotischen Nichtmenschen Kirun und Beric keinen Schutz, die Tognath standen ein wenig abseits vom Rest der Gruppe, sahen aufmerksam zu, schwiegen aber. Wenn sie in diesem Moment kommunizierten, dann wohl nur miteinander, auf telepathischem Weg, jedenfalls hatten sie erklärt, dass sie das konnten, und Arda glaubte ihnen. Sie hatte die beiden an ihrem letzten Tag im regulären Polizeidienst getroffen, als Gefangene, die von einem Trupp imperiale Soldaten übel misshandelt worden waren, einzig und allein aus dem Grund, dass sie Nichtmenschen waren und nicht von Tirahnn stammten. Angesichts dieser Ungerechtigkeit hatte Arda nicht stillhalten können und sie hatte für eine Ablenkung gesorgt, so dass die beiden Tognath entwischt waren, ihre Dankbarkeit war der dunkelhaarigen Menschin sicher gewesen.
Die Lebewesen, die Arda bis zu diesem Moment gemustert hatte, waren Kämpfer. Sie waren entschlossen, etwas zu unternehmen, Leib und Leben zu riskieren und sich gegen das Imperium zu stellen, mit allen notwendigen Mitteln. Alle von ihnen konnten mehr oder weniger gut mit Blastern umgehen, wobei lediglich Arda, ihr Partner und Tiniri eine formelle Ausbildung genossen hatten. Narmacil war ein geübter Jäger, hatte aber nach eigenem Bekunden noch nie auf ein intelligentes Lebewesen geschossen, und das galt auch für Minastan und Aram. Beide waren auf Farmen aufgewachsen und es gehörte für einige Familien zur Tradition, zum Schutz vor Raubtieren, zur Jagd und zur Verteidigung Waffen zu besitzen, meist Sportblaster oder ältere Projektilwerfer, teilweise von Generation zu Generation vererbt. Arda traute ihnen zu, mit einer Waffe vernünftig umzugehen, aber das war eine Sache, ein Kampf hingegen eine andere. Kirun und Beric waren schweigsame Zeitgenossen und über sie wusste sie nur sehr wenig, aber nach allem, was sie gesehen hatte, waren die beiden sehr gut in der Lage, eine Blasterpistole zu halten und abzufeuern. Sie war sich nicht sicher, glaubte aber, dass die Tognath reisende Händler waren, und diese achteten oft auf einen gewissen Selbstschutz. Ja, manchmal hatte sie den Eindruck, die beiden waren sogar zu weitaus mehr in der Lage und hätten vielleicht eine paramilitärische Ausbildung genossen, da war eine gewisse...Professionalität in ihrem Verhalten, aber sie war sich nicht sicher. Das also waren die Kämpfer. Es war gut, sie an ihrer Seite zu wissen, aber mit ihnen allein würde sie nichts bewegen können, sie brauchte die anderen Mitglieder ihrer Gruppe nicht weniger. Da war Damrod Anborn, der Kubaz studierte gerade neugierig sein Datapad und merkte gar nicht, dass ihn jemand musterte. Er hatte für eine IT-Firma in Harad gearbeitet und war ein findiger Tüftler und Bastler, alles, was mit Technik zu tun hatte, begeisterte ihn. Obwohl im Grunde unpolitisch, hatte er es gewagt, gegen neue Vorschriften der imperialen Besatzer in seiner Firma zu protestieren und war deshalb entlassen worden. Diesem Schicksal war die drahtige Devaronianerin, die neben ihm auf einer umgekippten Kiste saß, entgangen, Kahnda Nelom war einfach unersetzbar. Die finde Gehörnte war eine alte Freundin von Ohtar und arbeitete in einem großen Logistikzentrum in Harad, sie kannte so gut wie jeden Händler und Lageristen dort persönlich oder indirekt und hatte auch einige Kontakte in Tirahnn, der Hauptstadt. Es gab so gut wie nicht, dass sie nicht besorgen konnte, von Haarspray bis zu nagelneuen Komlinks. Sie gab sich nach außen hin gehorsam und war so gut in ihrem Job, dass die Imperialen sie im Amt belassen hatten, aber sie musste vorsichtig sein. Heikel war auch die Frau, die hinter der Kiste stand und ihrer eleganten Kleidung ein wenig deplatziert wirkte, Nimery Harding war ein Stadtkind durch und durch und hatte etwas glamouröses, weltläufiges an sich. Die hübsche Balosar, bei deren strahlenden Lächeln und aufwändigem Schmuck Arda fast ein wenig verlegen wurde und sich sehr burschikos vorkam, lebte noch nicht so lange auf Tirahnn, hatte sich aber rasch integriert und viele Freunde gewonnen. Ihre Arbeit als Journalistin brachte sie in Kontakt mit wichtigen und angesehenen Lebewesen und obwohl sie ein wenig oberflächlich wirkte, war Nimery fest von den Werten der Neuen Republik überzeugt und heuchelte bloß Treue gegenüber dem Imperium, um an Informationen zu kommen. Sie war für die kleine Gruppe Augen und Ohren, und diese Aufgabe erfüllte sie mit Bravour.
Für einen kurzen Moment gestattete sich Arda ein stolzes Lächeln. Es hatte mehrere Monate gedauert, all diese Lebewesen in einer Gruppe zu vereinen. Die ehemalige Polizistin hatte bereits früh nach ihrem Dienstende den Entschluss gefasst, etwas auf die Beine zu stellen, und alles an Material und Informationen zusammengekratzt, das sie ohne Verdacht zu erregen sammeln konnte. Eine der ersten Lektionen, die sie gelernt hatte, war ebenso schlicht wie überlebensnotwendig: Halte die Gruppe klein und überschaubar. Jedes einzelne Lebewesen in diesem Raum war entweder ihr oder einem anderen Mitglied der Widerstandszelle bekannt und vertraut, ein guter Freund, ein langjähriger Arbeitskollege, ein Pate oder sogar über drei Ecken verwandt. Man kannte sich, man wusste, wo der andere politisch stand und ob er auch gewillt war, etwas zu unternehmen. Vertrauen war die Grundlage jeden Widerstands, für jeden hier würde Arda die Hand ins Feuer legen. Sie vertraute nicht blind, nachdem sie vorsichtig bei ehemaligen Kollegen und Freunden auf Tuchfühlung gegangen war, hatte sie alle neuen Mitglieder der Zelle gründlich überprüft, sie hatte noch einen Teil ihrer alten Ausrüstung und eingeschränkten Zugriff auf die Datenbanken. Anfangs waren es nur sie und Ohtar gewesen, dann die Dubrils, die beiden Tognath, und langsam aber sicher war der Kreis der Eingeweihten gewachsen. Nun war es genug. Sie hatten sich getroffen, an verschiedenen Orten, an denen man sicher vor Überwachung war, sie hatten diskutiert und Pläne geschmiedet, Material gesammelt und geübt, und jetzt, endlich, nach Monaten der fieberhaften Vorbereitung, konnten sie anfangen. Gemeinsam würden sie ein Signal des Widerstands und der Unbeugsamkeit senden und allen zeigen, dass Freiheit und Demokratie auf Tirahnn noch stark waren. Arda holte tief Luft und räusperte sich, und rasch verstummten die Gespräche, die einige noch geführt hatten. Sie war als Anführerin akzeptiert worden, nicht durch Einschüchterung oder Härte, sondern weil man ihr vertraute und sie achtete, und dieses Vertrauen würde sie nicht enttäuschen. Der Blick ihrer braunen Augen wanderte über alle Anwesenden, suchte ihre Gesichter und sie erhielt entschlossenes Nicken. Es war soweit. Geschickt aktivierte Arda einen kleinen tragbaren Holoprojektor, der vor ihr auf einem rustikalen Holztisch stand, und nun ein Abbild Tirahanns schuf, eine Erinnerung an das, wofür sie eintraten, und lehnte sich etwas nach vorn. Ihre ruhige, klare Stimme vermittelte Selbstvertrauen und Autorität.
„Meine Freunde...nach all der Zeit, die wir zusammen verbracht haben, kann ich euch nicht anders nennen. In den letzten Monaten ist mir jeder einzelne von euch ans Herz gewachsen, ich habe euch kennenlernen dürfen. Ich habe gehört, was das Imperium euch und euren Familien angetan hat, was sie unserer geliebten Heimatwelt angetan haben. Ich habe in eure Gesichter geblickt und den Schmerz und den Zorn gesehen, den jeder aufrechte Tirahnner empfindet. Mit der Tyrannei des Imperiums konfrontiert hat jeder auf dieser Welt eine Wahl zu treffen: Widerstand oder Kollaboration. Sich dem Imperium zu unterwerfen bedeutet, auf alles zu spucken, was uns heilig ist. Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung. Das sind die Werte der Neuen Republik und das sind unsere Werte, und dafür werden wir kämpfen.“
Arda machte eine kleine Pause und versuchte, ihre Nervosität zu unterdrücken, Ansprachen waren nicht unbedingt ihre Stärke. Aber sie schien einen Nerv getroffen zu haben, ihre Worte fanden zustimmenden Murmeln und Nicken und sie spürte eine aufgeregte Energie in der Luft, den Wunsch, zu handeln. Die ehemalige Polizistin holte tief Luft und warf Ohtar einen kurzen Blick zu, der Devaronianer lächelte ihr ermutigend zu. Sie konnte das schaffen. Sie musste das schaffen. Ein paar Knopfdrücke und das Holo veränderte sich, es zeigte nun eine Straße, die von Rhovan nach Harad verlief. Ein vergleichsweise schlichter Weg, den sie früher oft gefahren war.
„Das hier ist eine der beiden großen Straßen von und nach Harad. In den letzten Monaten haben wir entweder zusammen oder einzeln alles vorbereitet, um dort zuzuschlagen, und ich bin stolz auf euch alle. Ihr habt beobachtet, was auf der Straße vorgeht, euch die Anzahl und Art der Fahrzeuge gemerkt und wann sie unterwegs sind, ihr habt Material gesammelt, Waffen bereitgestellt, Komlinks, Nahrung, einen Sammelpunkt, Sprengsätze gebaut und euch mental wie körperlich auf diesen Moment vorbereitet. Meine Freunde...Partisanen von Harad. Das ist unsere Stunde. Wir werden den imperialen Versorgungskonvoi auf dieser Straße angreifen und den Besatzern zeigen, dass Tirahnn wieder frei sein wird!“
Aufregung hatte sich in ihre Stimme geschlichen und nun applaudierte einige, mitgerissen von den Emotionen in diesen Worten, doch Arda hob eine Hand, damit alle wieder ruhiger wurden.
„Ich weiß, dass ihr alle das Imperium so hart wie nur möglich treffen wollt. Glaubt mir, ich teile diesen Wunsch, aber einen offenen Kampf können wir nicht gewinnen. Wir werden einen Krieg der Nadelstiche führen, schnell zuschlagen und wieder verschwinden in alle Himmelsrichtungen. Wir müssen unvorhersehbar sein, nicht zu greifen und zu erfassen, nur so können wir überleben. Vergesst das niemals. Wenn die Imperialen uns festnageln, sind wir erledigt. Passt jetzt gut auf. Tiniri, bitte.“
Die ehemalige Aufklärerin stand auf und platzierte sich vor dem Holo und obwohl sie weder sonderlich groß war oder besonders laut sprach, hörten ihr alle aufmerksam und gebannt zu. Sie war die Expertin, sie kannte sich mit solchen Dingen aus und wenn sie gewollt hätte, wäre sie die Anführerin, aber die blonde Menschin hatte nie Ambitionen in diese Richtung gezeigt, sie war offenkundig mit ihrer Rolle zufrieden. Als sie sprach, verschwand die freundliche, umgängliche Försterin und machte etwas kühlem und professionellem Platz, einer Jägerin, die nicht auf Tiere, sondern feindliche Soldaten aus war.
„Wir wissen, dass der imperiale Konvoi jeden Werktag um genau 08:00 in Harad aufbricht und sich auf den Weg macht, um Außenposten in der Region mit Nachschub zu versorgen. Bis jetzt hat noch niemand diesen Konvoi angegriffen oder irgendwelche anderen Aktionen durchgeführt, die Imperialen rechnen also nicht mit einem Hinterhalt. Ich und mein Mann haben sie aus dem Schutz der Wälder beobachtet, sie sind...unvorsichtig. Unvorbereitet. Das ist unsere Chance. Die nächste imperiale Einheit ist fast eine Stunde entfernt, wir haben also ein Zeitfenster, um zuzuschlagen. Hier, seht ihr die enge Kurve? Da müssen sie auf jeden Fall langsamer werden. Wir werden die improvisierten Sprengsätze, die Damrod gebaut hat, einmal mitten auf der Straße und links und rechts davon vergraben. Sobald die Imperialen in Position sind, zünden wir sie und greifen aus dem Schock heraus an. Hier oben, dieser Hügel, ist unsere Ausgangsstellung. Wir sind durch die Bäume gedeckt und haben freies Schussfeld. Also, eine schöne Linie entlang des Gebiets, an dem Imperialen vorbei müssen, die Sprengsätze zünden, angreifen und dann verschwinden wir sofort wieder in den Wäldern, teilen uns auf und treffen uns wieder am Sammelpunkt.“
Minastan, der sich auf seinen Projektilwerfer stützte, hob eine Hand und Tiniri nickte ihm zu.
„Warum bilden wir nur auf einer Seite der Straße eine Linie und nicht auf beiden?“
Als Reaktion wölbte die ehemalige Soldatin eine Augenbraue, blieb aber ruhig.
„Weil wir dann Gefahr laufen würden, uns gegenseitig zu beschießen und nicht die Imperialen. Nehmt es mir nicht übel, aber keiner von euch hat Erfahrung in so was. Je einfacher und übersichtlicher der Plan, desto besser.“
Zufrieden mit dieser Antwort nickte der Duros und Tiniri fuhr nach einem kurzen Blick zu Arda fort.
„Wir haben Glück. Dank der Informationen, die Nimery gesammelt hat, wissen wir, dass wir es definitiv nur mit zwei unbewaffneten leichten Speedern zu tun haben werden. Vorne, das Führungsfahrzeug. Fahrer, Beifahrer, zwei Passagiere. Es dient zum Schutz und stellt für uns die größte Gefahr dar, also konzentrieren wir uns darauf. Dahinter das eigentliche Transportfahrzeug. Fahrer und Beifahrer. Sechs von denen gegen elf von uns, mit dem Überraschungsmoment und Schock auf unserer Seite. Wir können das hinkriegen.“
Damit beendete die blonde Menschin ihren Part und Arda nickte ihr dankbar zu und trat wieder an den Tisch, sie blickte alle ruhig an.
„Fragen? Anmerkungen?“
Niemand antwortete und so nickte die ehemalige Polizistin zufrieden.
„Gut. Bereitet eure Waffen vor und dann schlaft euch gründlich aus. Wir werden morgen all unsere Kräfte brauchen, aber ich bin mir sicher, dass wir es gemeinsam schaffen werden. Für Tirahnn.“
Energisch wurde dieses Bekenntnis zu ihrer Heimat wiederholt, dann zerstreuten sich alle und widmeten sich ihren Aufgabe. Arda starrte auf das Holo, dann deaktivierte sie das Gerät und betrachtete prüfend ihren Blasterpistole, ein schlichtes, schon etwas älteres Modell. Einst hatte es ihrem Vater gehört und als Dank für seinen langjährigen Dienst in der planetaren Polizei hatte er sie in den Ruhestand mitnehmen dürfen, ein Zeichen der Wertschätzung. Sie war ein Symbol, hatte Ardas Vater ihr einst erklärt, dafür, dass er die Bürde trug, seine Mitbürger vor all denen zu beschützen, die ihnen Leid zufügen wollten. Morgen würde sie diesem Zweck wieder dienen. Morgen würden alles beginnen...oder alles enden.
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