Die Romane von Karl May

Bin großer Literatur-Liebhaber. Karl May fällt für mich allerdings in genau dieselbe Kategorie wie das ganze Sturm und Drang-Zeug: altbacken, verstaubt, langweilig, z.T. völlig weltfremd, null Identifikationspotential. Einfach komplett uninteressant. Aus diesem Grund bin ich auch für einen eigenen Literatur-Unterricht, damit man nicht ausschließlich mit dt.sprachigem von vorgestern gequält wird. Die Schule hat mir mit ihrem engstirnigen Zwangsfokus das Lesen auf Jahre vergällt.

Teilweise stimme ich dir zu: Unser typischer Literaturunterricht ist oft zu eindimensional. Allerdings hängt das auch am jeweiligen Lehrer. Meine ehemalige Deutschlehrerin hat bspw. klassische Lektüre-Kontrollen strikt abgelehnt und lieber ausgewählte Kapitel lesen und präsentieren lassen, damit das im jeweiligen Kontext der Entstehung diskutiert werden konnte. Als fauler Sack wie ich einer "war", bin ich ihr da auch noch sehr dankbar. Karl May wurde bei uns (leider) nie behandelt, obwohl er um die Ecke geboren wurde.
 
Also je nach Schreibstil, Größe der Schrift und ob es in Deutsch oder einer Fremdsprache ist halte ich bis zu 80-100 Seiten pro Stunde für einen geübten Leser ohne weiteres möglich, und länger als 400-500 Seiten ist ein Durchschnitts-Roman in der Regel nicht.

Die Zeit und Energie zum "Durchrauschen" musst du schon mitbringen. Kommt natürlich auf das Werk auch an: manchmal genieße ich lieber und lese langsamer.

Teilweise stimme ich dir zu: Unser typischer Literaturunterricht ist oft zu eindimensional. Allerdings hängt das auch am jeweiligen Lehrer. Meine ehemalige Deutschlehrerin hat bspw. klassische Lektüre-Kontrollen strikt abgelehnt und lieber ausgewählte Kapitel lesen und präsentieren lassen, damit das im jeweiligen Kontext der Entstehung diskutiert werden konnte. Als fauler Sack wie ich einer "war", bin ich ihr da auch noch sehr dankbar. Karl May wurde bei uns (leider) nie behandelt, obwohl er um die Ecke geboren wurde.

Bei uns war es folgendermaßen: Ein, zwei Sachen aus dem Mittelalter, dann wieder ein, zwei Sachen aus dem Sturm und Drang, zum Abschluss ein, zwei Werke zeitgenössischer Literatur - wobei der Begriff m.E. ein wenig großzügig gestreckt wurde.

Von den antiken Fundamenten westlicher Literatur? Gar nichts. Vom großartigen Fundus v.a. der (jüdisch-österr.) k.u.k.- sowie Zwischenkriegszeit (Kraus,Torberg, Perutz, Roth, Altenberg, Zweig)? Gar nichts (Ausnahme: Schnitzlers 'Traumnovelle'). Auf diese faszinierende Welt stieß ich - als Student(!) - in alten Schullesebüchern, die im Unterricht kaum bearbeitet worden waren.

Aber ja, Hauptsache Hartmann von Aues 'Erec', Schillers 'Die Räuber', Fontanes 'Effi Briest' und anderen Schund. :rolleyes: Regt mich heute noch auf!
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zeit und Energie zum "Durchrauschen" musst du schon mitbringen. Kommt natürlich auf das Werk auch an: manchmal genieße ich lieber und lese langsamer.
Deswegen lese ich am liebsten im Urlaub, dort dann aber richtig viel auf einmal. Im Alltag habe ich Job-bedingt leider oft nicht den Nerv, weil ich ohnehin den ganzen Tag auf einen Bildschirm gucke.
 
@Dr. Sol

Ich schätze, dass in einem Thread über Karl May-Bücher die meisten User älter als 40 Jahre alt sind, zumindest die, die mit Karl May-Bänden lesend groß geworden sind. Insofern versammelt sich in diesem Thread stärker meine Altersklasse. ;)

Aus Erfahrungen in meinem Freunde- und Bekanntenkreis weiß ich, dass die Tendenz zum Sachbuch bei Männern um die 50 durchaus gegeben ist. Insofern ist interessant wie die Erfahrungen hier sind. Was ist die Ursache dieses Wandels? Warum ist das Interesse an Fiction nicht mehr so groß wie vor 20 Jahren? Liegt es an wiederkehrende Erzählmuster? Übersättigung in einem Genre? Oder hat es andere Ursachen?

Bei mir ist es so, dass ich durchaus noch Spaß an fiktionalen Geschichten habe, dieses Interesse sich aber vornehmlich auf Kinofilme erstreckt, die aber im Vorfeld von mir sorgfältig ausgewählt werden. Prinzipiell habe ich auch noch Lust an Romanen, es ist aber schwierig, die für mich interessanten zu finden. Ein Beispiel, was mich sehr viel Zeit ohne Ergebnis gekostet hat: Ich habe letztes Jahr "Aussicht auf bleibende Helle" von Renate Feyl gelesen. In dem Buch geht es um einen fiktiven Gedankenaustausch zwischen Königin Sophie Charlotte und Gottfried Wilhelm Leibniz über mehrere Jahre. Sehr interessant. Ich habe versucht, ähnlich aufgebaute Bücher zu finden. Niemand konnte mich in den Buchläden in Münster, Osnabrück oder Paderborn erfolgreich beraten und mir Anregungen für ähnlich angelegte Romane geben. Merde! Die richtigen Sachbücher zu finden, ist dagegen leicht. Es ist nicht einmal eine Beratung nötig. Man muss nur selbst durch die entsprechenden Abteilungen stöbern und man weiß bereits beim Kauf, was man an dem Buch hat. ;)

PS Das Gesamtwerk von Karl May umfasst übrigens über 55.000 Seiten. Wer noch nie ein Karl May-Buch in den Händen hatte – ein Band umfasst ca. 500 – 600 Seiten, die Wörter sind kleingedruckt, eine Besonderheit der Karl May-Bände.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Dr. Sol
Ich schätze, dass in einem Thread über Karl May-Bücher die meisten User älter als 40 Jahre alt sind, zumindest die, die mit Karl May-Bänden lesend groß geworden sind. Insofern versammelt sich in diesem Thread stärker meine Altersklasse. ;)

Ich wage die Behauptung, das wohl die wenigsten der heute 40 bis 55 jährigen tatsächlich mit den Werken von Karl May aufgewachsen sind.....

Ich persönlich hätte mich als Schüler ja lieber mit Karl May befasst als mit Goethe, Schiller und co gequält zu werden :p

Darf ich fragen, wann und in welchem Bundesland du welche Schulform besucht hast?

Ich (Realschule, Hamburg, Abschluss 1990) bin während meiner gesamten Schulzeit nicht einmal mit den so genannten deutschen Klassikern konfrontiert worden (außer das ihre Namen mal im Geschichtsuntericht gefallen sind), bei mir waren es eher der Hauptmann von Köpenick und immer wieder Farm der Tiere …
 
@saham wahto

Ich stimme dir zu, dass in dieser Altersgruppe nur eine Minderheit Karl May-Bücher gelesen hat. Aber nach meinen Erfahrungen hätte es damals an jeder Schule immer eine Gruppe Schüler*innen gegeben, die ein paar Bände gelesen haben. Ich bin Zeit meines Lebens immer wieder auf Menschen gestoßen, die in meiner Altersklasse ein paar Karl May-Bände gelesen haben.

Vor 30 Jahren boten die Buchläden, zumindest in Münster und Osnabrück Karl May-Bände im großen Stil an. Poertgen Herder in Münster, wo ich meine meisten Bände gekauft habe, hatten eine eigene Karl May-Abteilung, in der viele seiner Werke standen.

Der Western war in den 80er Jahren im Fernsehen noch allgegenwärtig. Zur besten Sendezeit liefen die ganzen amerikanischen Klassiker des Genres, hin und wieder auch ein Italio-Western. Die Karl May-Filme waren auch präsent, haben mir aber nicht so viel bedeutet wie die Western-Klassiker.

Die 1960er, in der die ganzen Karl May-Verfilmungen herauskamen, waren entweder unser Geburtsjahrzehnt oder wir sind kurz danach geboren worden. Kinder, die in den 80ern schwerpunktmäßig besucht haben, waren so weit von den 50ern entfernt wie heutige Kinder von den 90ern. Karl May-Bücher waren vor 30 – 40 Jahren in Haushalten viel präsenter als heute. Wir waren an Karl May viel dichter dran.

Ein Karl May-Buch ist in der Regel 500 bis 600 Seiten stark, der Text ist in Kleinschrift. Solche Bücher wurden nur von Leseratten gelesen, auch vor 40 Jahren.
 
Ich wage die Behauptung, das wohl die wenigsten der heute 40 bis 55 jährigen tatsächlich mit den Werken von Karl May aufgewachsen sind.....



Darf ich fragen, wann und in welchem Bundesland du welche Schulform besucht hast?

Ich (Realschule, Hamburg, Abschluss 1990) bin während meiner gesamten Schulzeit nicht einmal mit den so genannten deutschen Klassikern konfrontiert worden (außer das ihre Namen mal im Geschichtsuntericht gefallen sind), bei mir waren es eher der Hauptmann von Köpenick und immer wieder Farm der Tiere …
Bei mir war es Gymnasium in Bayern.
 
Ich persönlich hätte mich als Schüler ja lieber mit Karl May befasst als mit Goethe, Schiller und co gequält zu werden :p

Och, Borchert und Kafka fand ich zu Schulzeiten gut. Döblin ging nach einer Weile mit seinem Roman "Berlin - Alexanderplatz" auch. Alle drei ziehe ich aber gerne Karl May vor. Ich kann mit Winnetou - abseits der Filme - und seinen sonstigen Werken einfach nicht besonders viel anfangen. ^^

Grüße,
Aiden
 
Och, Borchert und Kafka fand ich zu Schulzeiten gut. Döblin ging nach einer Weile mit seinem Roman "Berlin - Alexanderplatz" auch. Alle drei ziehe ich aber gerne Karl May vor. Ich kann mit Winnetou - abseits der Filme - und seinen sonstigen Werken einfach nicht besonders viel anfangen. ^^

Grüße,
Aiden

Mein persönlicher Alptraumbuch: Berlin- Alexanderplatz :confuse: Nie zu Ende gelesen, kurz vor Schluss habe ich kapituliert.

Karl May habe ich privat gelesen, nicht in der Schule, Gymnasium im Saarland.
 
@saham wahto

Ich stimme dir zu, dass in dieser Altersgruppe nur eine Minderheit Karl May-Bücher gelesen hat. Aber nach meinen Erfahrungen hätte es damals an jeder Schule immer eine Gruppe Schüler*innen gegeben, die ein paar Bände gelesen haben. Ich bin Zeit meines Lebens immer wieder auf Menschen gestoßen, die in meiner Altersklasse ein paar Karl May-Bände gelesen haben.

Vor 30 Jahren boten die Buchläden, zumindest in Münster und Osnabrück Karl May-Bände im großen Stil an. Poertgen Herder in Münster, wo ich meine meisten Bände gekauft habe, hatten eine eigene Karl May-Abteilung, in der viele seiner Werke standen.

Der Western war in den 80er Jahren im Fernsehen noch allgegenwärtig. Zur besten Sendezeit liefen die ganzen amerikanischen Klassiker des Genres, hin und wieder auch ein Italio-Western. Die Karl May-Filme waren auch präsent, haben mir aber nicht so viel bedeutet wie die Western-Klassiker.

Die 1960er, in der die ganzen Karl May-Verfilmungen herauskamen, waren entweder unser Geburtsjahrzehnt oder wir sind kurz danach geboren worden. Kinder, die in den 80ern schwerpunktmäßig besucht haben, waren so weit von den 50ern entfernt wie heutige Kinder von den 90ern. Karl May-Bücher waren vor 30 – 40 Jahren in Haushalten viel präsenter als heute. Wir waren an Karl May viel dichter dran.

Ein Karl May-Buch ist in der Regel 500 bis 600 Seiten stark, der Text ist in Kleinschrift. Solche Bücher wurden nur von Leseratten gelesen, auch vor 40 Jahren.
Im Wohnzimmer meiner Mutter steht das vollständige Werk von KM im Bücherregal. Mein Vater (Jahrgang ‘58) war großer Fan und hat die sein Leben lang gesammelt, und ich schätze meine Mutter brachte es nicht übers Herz, die nach seinem Tod zu verkaufen. Ich muss auch sagen, obwohl die echt viel Platz wegnehmen hat das allein optisch was, das Gesamtkompendium aneinander gereiht im Regal stehen zu sehen.
 
Wenn, dann würde ich mir diese Werke nur so ins die Bibliothek stellen :braue
Ich hatte mal alle. In der alten Ausgabe aus den 50ern. Ich hab sie meinem Dad gegeben, weil der damit was verbindet. Bei mir wären sie nur (ungeliebte) Staubfänger.
 
@Dr. Sol

Ich schätze, dass in einem Thread über Karl May-Bücher die meisten User älter als 40 Jahre alt sind, zumindest die, die mit Karl May-Bänden lesend groß geworden sind. Insofern versammelt sich in diesem Thread stärker meine Altersklasse. ;)

Aus Erfahrungen in meinem Freunde- und Bekanntenkreis weiß ich, dass die Tendenz zum Sachbuch bei Männern um die 50 durchaus gegeben ist. Insofern ist interessant wie die Erfahrungen hier sind. Was ist die Ursache dieses Wandels? Warum ist das Interesse an Fiction nicht mehr so groß wie vor 20 Jahren? Liegt es an wiederkehrende Erzählmuster? Übersättigung in einem Genre? Oder hat es andere Ursachen?

Bei mir ist es so, dass ich durchaus noch Spaß an fiktionalen Geschichten habe, dieses Interesse sich aber vornehmlich auf Kinofilme erstreckt, die aber im Vorfeld von mir sorgfältig ausgewählt werden. Prinzipiell habe ich auch noch Lust an Romanen, es ist aber schwierig, die für mich interessanten zu finden. Ein Beispiel, was mich sehr viel Zeit ohne Ergebnis gekostet hat: Ich habe letztes Jahr "Aussicht auf bleibende Helle" von Renate Feyl gelesen. In dem Buch geht es um einen fiktiven Gedankenaustausch zwischen Königin Sophie Charlotte und Gottfried Wilhelm Leibniz über mehrere Jahre. Sehr interessant. Ich habe versucht, ähnlich aufgebaute Bücher zu finden. Niemand konnte mich in den Buchläden in Münster, Osnabrück oder Paderborn erfolgreich beraten und mir Anregungen für ähnlich angelegte Romane geben. Merde! Die richtigen Sachbücher zu finden, ist dagegen leicht. Es ist nicht einmal eine Beratung nötig. Man muss nur selbst durch die entsprechenden Abteilungen stöbern und man weiß bereits beim Kauf, was man an dem Buch hat. ;)

PS Das Gesamtwerk von Karl May umfasst übrigens über 55.000 Seiten. Wer noch nie ein Karl May-Buch in den Händen hatte – ein Band umfasst ca. 500 – 600 Seiten, die Wörter sind kleingedruckt, eine Besonderheit der Karl May-Bände.

Ich bin zwar noch nicht 40, habe die Karl May-Bücher (zumindest einige) aber auch gelesen. Damals war ich 13 oder 14 und habe damals schon gewusst, dass ich sie nur einmal lesen werde. Was sich auch bewahrheitet hat.

Ich lese querbeet alles was mich interessiert. Von Fiktion bis Sachbücher. Bei den fikitiven Werken lese ich aber auch nur noch Fantasy, Science Fiction oder mal einen klassischen Roman. Mit Krimis bin ich eigentlich durch, da gibt es mittlerweile zuviele für meinen Geschmack. Ich habe manchmal das Gefühl, dass jeder zweite Skandinavier einen Krimi schreibt, der noch brutaler und noch schrägere Ermittler hat (einzige Ausnahme sind bei mir die Inspector Rebus-Bücher von Ian Rankin, das aber auch nur, weil sie in Edinburgh spielen).

Bei den Sachwerken lese ich aber so ziemlich alles was mich interessiert. Gerne auch ältere Werke. Im Moment lese ich "Chinas lächelndes Gesicht" von Bonard. Dieses Buch wurde 1956 oder 59 geschrieben und schildert die Anfangsphase des kommunistischen Chinas aus der Sicht des französischen Journalisten/Autors. Ist noch ganz spannend und erklärt doch so einiges was im jetzigen China so passiert.
 
@Dorsk

Ich glaube, wenn man viele ähnliche Bücher gelesen hat, setzt ein Abnutzungseffekt ein, das Genre verliert nach und nach seinen Reiz. Was ursprünglich neu und aufregend war, wird immer vertrauter, echte Überraschungseffekte werden immer seltener. Und es kristallisieren sich Lieblinge im Genre heraus, an dem alle nachfolgenden Bücher gemessen werden. Die ursprüngliche Unbefangenheit einem Roman gegenüber geht verloren.

In den Jahren um mein 20. Lebensjahr herum hatte ich u. a. auch eine intensive Krimiphase. Ich habe alle Bücher von Christi und Doyle gelesen, viel bzw. einiges von Chandler, Woolrich, Rendell, Millar und Chase. Aber diese Phase ist auch schon lange abgeschlossen.

Im Grunde tritt dieser Abnutzungseffekt auch bei Themenkomplexen bei Sachbüchern auf. Nur ist hier das Feld so groß, dass man immer wieder Themen findet, in denen man sich noch nicht so gut auskennt, so dass man wieder diesen Kick verspürt, eine für einen selbst noch unbekannte Welt zu betreten.

Ich habe es lange Zeit nicht über das Herz gebracht, Bücher wegzuschmeißen, gerade Bücher, die ich wiederholt gelesen habe. Mittlerweile gelingt mir das Loslassen aber immer besser. Bücher, von denen ich weiß, dass ich sie wahrscheinlich niemals mehr lesen werde, verkaufe ich mittlerweile nach dem Lesen sofort auf Ebay, sofern sie grade frisch auf den Markt gekommen sind. Bücher, die kein Geld mehr einspielen werden, verschenke ich bzw. lege sie in eine der Bücherkästen ab, die in allen Städten aufgestellt sind.

Die Bücher meiner Kindheit und Jugend - oft gelesen – kann ich allerdings noch nicht weggeben, obwohl sie ihr Dasein nur noch in Bücherkisten in dunklen Kellerräumen fristen, wie z. B. die Karl May-Sammlung.
 
Zurück
Oben