So, liebe Leute, ich hatte ja nach meinem Re-Watch und der Kurzreview-Reihe noch ein Ranking sowie einen Abschlusspost versprochen. Das habe ich nun eine Weile vor mir hergeschoben, vielleicht, weil ich nach dem doch sehr zeitaufwendigen Re-Watch erst einmal ein wenig Abstand von der Reihe brauchte. Nun ist es aber so weit. Ich stelle in diesem Beitrag erst einmal mein persönliches Ranking der bisher 24 James-Bond-Filme vor, dann folgen noch einige abschließende Gedanken, die rückblickend auf die Frage, was sich im Laufe der Jahrzehnte innerhalb der Reihe verändert hat und was nicht, entstanden sind. Ebenso lasse ich, im Zusammenspiel mit der Beantwortung dieser Frage, jede Bond-Ära nochmal revue passieren und beschreibe, wie die Reihe heute im Vergleich zu früher auf mich wirkt. Das ist nochmal viel zu lesen, aber vielleicht regt der eine oder andere Punkt ja zur Diskussion an. Auch würden mich eure Rankings natürlich sehr interessieren.
Also, erst einmal zum Ranking:
1. Skyfall
2. Im Geheimdienst Ihrer Majestät
3. Lizenz zum Töten
4. Der Hauch des Todes
5. Goldfinger
6. Casino Royale
7. Der Spion, der mich liebte
8. Liebesgrüße aus Moskau
9. Spectre
10. Feuerball
11. Der Morgen stirbt nie
12. Octopussy
13. In tödlicher Mission
14. James Bond jagt Dr. No
15. Im Angesicht des Todes
16. Moonraker
17. Man lebt nur zweimal
18. Leben und sterben lassen
19. Der Mann mit dem goldenen Colt
20. GoldenEye
21. Ein Quantum Trost
22. Die Welt ist nicht genug
23. Stirb an einem anderen Tag
24. Diamantenfieber
Was hat sich nun bei der Reihe im Zeitraum von 1962 bis 2015 verändert? Im Grunde genommen gar nicht so viel, wenn man das grundlegende Konzept betrachtet. Grob kann man sagen, dass den Bond-Filmen eine relativ klar definierte Formel, sozusagen ein „Bauplan“ zugrunde liegt, nach dem die meisten von ihnen aufgebaut sind. Diese Formel wurde bereits im allerersten Film, „James Bond jagt Dr. No“, etabliert: James Bond erhält im Büro von M sein Missionsbriefing und reist an den Ort, wo die Mission stattfinden soll. Dort muss er sich mehrerer Anschläge seitens des Oberschurken erwehren, der am Ende getötet wird. Nebenbei darf Bond die Frauenwelt beschlafen. Das ist so in etwa das Grundrezept, welches sich über die Jahrzehnte hinweg bis heute erhalten hat, was ich eigentlich schon faszinierend finde, wenn ich so darüber nachdenke. Einzelne Variablen innerhalb dieser Formel ändern sich zum Teil natürlich, so spielt das oder eines der Bond-Girls auch mal eine tragende Rolle für die Story („Der Spion, der mich liebte“; „Moonraker“) oder es gibt gar keinen wirklichen Oberschurken, zumindest keinen, der präsent in Erscheinung tritt („Liebesgrüße aus Moskau“). Fast alle der bisher 24 Filme funktionieren aber erstaunlich exakt nach diesem Muster, Abweichungen gibt es nur wenige („Lizenz zum Töten“).
Die Roger-Moore-Ära hielt sich entsprechend ebenfalls an diese Formel, dennoch sind die Filme insgesamt schon merklich anders als die aus der Zeit mit Sean Connery und dem George Lazenby-Intermezzo. Während die vorherigen Filme durchaus Humor hatten, insgesamt aber doch ernst zu nehmen waren, waren die Bond-Filme mit Roger Moore wesentlich lockerer. Das muss eigentlich nichts Schlechtes sein, aber aus meiner Sicht funktioniert der Humor oft nicht so wirklich. Es gibt ja diese Grenze zwischen „lustig“ und „albern“, und die wird leider oft überschritten. Auch empfand ich gerade die Filme mit Roger Moore in der Rückschau stellenweise als recht langatmig und langweilig. Das hat mich ein klein wenig enttäuscht muss ich zugeben, denn als Kind bzw. Jugendlicher war gerade Roger Moore mein Lieblings-Bond-Darsteller und die Filme mit ihm meine Lieblings-Bond-Filme. Keiner von ihnen ist ja schlecht, mit „Der Spion, der mich liebte“, hat diese Ära sogar einen hervorragenden Film. Aber rückblickend muss ich doch sagen, dass die Roger-Moore-Ära hinter der Sean-Connery-Ära zurückbleibt, deren Filme mir doch deutlich besser gefallen haben.
Die sehr kurze Timothy-Dalton-Ära war aus meiner Sicht dann genau die Frischzellenkur, welche die Reihe nach Roger Moore gebraucht hat und die ihr hervorragend zu Gesicht stand. Timothy Dalton spielte James Bond in weiten Teilen anders, kälter, aber auch menschlicher. Beide Bond-Filme mit ihm sind fantastisch und gehören zum Besten, was die Reihe zu bieten hat. „Der Hauch des Todes“ ist ein weitgehend klassisches, qualitativ sehr hochwertiges Bond-Abenteuer und erinnert stilistisch und vom Grundton her wieder deutlich stärker an die Filme mit Sean Connery. „Lizenz zum Töten“ ist einer der absoluten Ausnahme-Bonds, kompromisslos, ernst, düster und sehr mitreißend. Warum konnte die Ära mit Timothy Dalton nicht länger dauern? Aus heutiger Sicht zurückblickend würde ich mir wünschen, dass es mindestens zwei, drei Bond-Filme mehr mit ihm gäbe.
Dieser Wunsch ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Pierce-Brosnan-Ära zu sehen, welche wieder einen deutlichen Rückschritt darstellt. Diese (hier möchte ich sagen: zum Glück) nur vier Filme sind betont modern, techniküberladen und bestehen zu einem großen Teil aus nicht enden wollenden Zerstörungsorgien. Das ist sicher spektakulär anzusehen und kann gut unterhalten, es mangelt den Filmen aber an Seele und Charme. Von „Der Morgen stirbt nie“ war ich in der Rückschau sehr positiv überrascht, der Film weist zwar ebenfalls die genannten Symptome auf, irgendwie funktioniert es hier aber und er hat dennoch ein gewisses Bond-Feeling. Gefällt mir tatsächlich besser als der eine oder andere James Bond mit Sean Connery und Roger Moore. Die anderen drei Filme sind jedoch bestenfalls durchschnittlich, und auch das nur mit gutem Willen als Bond-Fan. Das ist schon schade, da Pierce Brosnan eigentlich ein wirklich kompetenter Bond-Darsteller ist, der sich bessere Filme verdient hätte.
Mehr „back to the roots” geht es da schon in der Daniel-Craig-Ära, welche ja noch nicht ganz vorbei ist. Natürlich, auch diese Filme fühlen sich nicht mehr so an wie die alten Klassiker, aber sie sind wieder um einiges bodenständiger und näher am Original als die mit Pierce Brosnan. Daniel Craig selbst ist ohnehin ein hervorragender Bond-Darsteller, er unterscheidet sich optisch natürlich schon stark von seinen Vorgängern (andererseits sehen sich beispielsweise Sean Connery und Roger Moore ja auch überhaupt nicht ähnlich), macht seine Sache aber richtig gut. Vor allem wirkt sein James Bond deutlich menschlicher. Das verankert die Reihe einerseits gut in der modernen Zeit, in der, denke ich, ein James Bond wie etwa von Sean Connery dargestellt nicht mehr funktionieren und sehr befremdlich wirken würde. Andererseits ist sein James Bond so vor allem deutlich näher als alle anderen zuvor an der literarischen Vorlage Ian Flemings dran, wo Bond zwar durchaus auch ein Frauenheld, aber eben stellenweise auch ein recht emotionaler Mensch ist, der auch mal Trauer oder sogar Angst empfinden darf. Was die Filme dieser Ära an sich betrifft, ist lediglich „Ein Quantum Trost“ ein Ausreißer, aber selbst der ist nicht völlig misslungen und weiß als kurzweiliger Film schon zu gefallen. Abgesehen davon wird aber durchaus auf hohem Niveau abgeliefert, was im grandiosen „Skyfall“ gipfelt, aber auch „Casino Royale“ darf zu den Highlights der Reihe insgesamt gezählt werden. Ich bin ja schon sehr gespannt, was mit „Keine Zeit zu sterben“ noch auf uns zukommt und wie sich dieser Film dann insgesamt, vor allem aber innerhalb der Daniel-Craig-Ära einordnen lassen wird.
Alles in allem war es ein sehr interessantes Experiment, alle Bond-Filme der Reihe nach zu wiederholen. Das ist schon ein nicht ganz emotionsloses Thema für mich, immerhin bin ich seit meiner Kindheit und Jugend James-Bond-Fan und wir reden hier von Filmen, die ich zu einem großen Teil seitdem auch nicht mehr gesehen habe. Damit verbunden ist die schon etwas ernüchternde Erkenntnis, dass sich der eigene Blickwinkel auf viele Dinge verändert, man viele Dinge mittlerweile in einem negativen Licht sieht, die früher nicht gestört haben, die jetzt den Spaß beim Sehen aber beeinträchtigen. Mit 14 oder 15 Jahren habe ich mir beispielsweise keine Gedanken über den stellenweise doch recht deutlichen Sexismus in den alten Filmen gemacht, jetzt fällt mir das auch negativ auf und sorgt bei mir für Stirnrunzeln. Ebenso konnte ich früher tatsächlich über den dämlichen Humor der Roger-Moore-Filme "Leben und sterben lassen", "Der Mann mit dem goldenen Colt" oder "Moonraker" lachen, jetzt beim nochmaligen Sehen dieser Filme dachte ich mir an manchen Stellen „hoffentlich bekommt niemand mit, was ich mir da grade anschaue“.
Man merkt einfach auch, dass man doch irgendwo ein Kind seiner Zeit ist und eine andere Machart, ein anderes Erzähltempo etc. gewohnt ist. Ich habe beispielsweise „Goldfinger“ im Ranking weiter oben positioniert als „Spectre“, schon alleine, weil "Goldfinger" eben ein, wenn nicht gar der Klassiker unter den Bond-Filmen ist. Würde mich jemand fragen, ob ich mir mit ihm/ihr einen dieser beiden Filme ansehen wollte und mir wäre die Wahl des Films überlassen, würde ich wohl dennoch spontan zu „Spectre“ tendieren, einfach, weil der Film schneller und kurzweiliger ist.
Am Ende bleibt zu sagen, dass es schon schön war, mich komplett durch die Reihe zu schauen. Ich war jedoch auch froh, fertig zu sein, da es ja doch auch zeitaufwändig war. Vielleicht folgt irgendwann mal ein erneuter kompletter Re-Watch, was dann sicher interessant sein wird, weil ich die Filme dann besser im Gedächtnis habe als es jetzt der Fall war, wo ich einige der Filme insgesamt erst zum zweiten oder dritten Mal gesehen habe. Ich bin nun aber erst einmal gespannt, was noch so auf uns zukommt, erst einmal mit „Keine Zeit zu sterben“. Und danach wird es spannend sein, wie es mit einer komplett neuen Ära und einem ganz neuen Darsteller weitergeht.