Nicht vom Schlimmsten ausgehen und respektvoll sein wird meistens belohnt. Trotzdem habe ich keine Lust, eine stark alkoholisierte, riechende Person im Hauseingang liegen zu haben oder das zentrale Orte bei Parkanlagen abgewertet werden, weil sich dort Schwerpunkte entwickeln.
Es gibt nun mal Klischees von diesen Menschen, ja sogar regelrechte Schauergeschichten. (…)
Obdachlose haben es noch nie leicht gehabt. Diese Menschen sind seit jeher stigmatisiert – und stehen quasi mit auf der letzten Stufe.
Jeder kennt Ausdrücke wie „scheiß Penner“ oder Sprüche „wie ein Penner unter der Brücke“. Ihre Stellung ist noch unter der eines Sozialhilfeempfängers. Selbst darunter gibt es welche, die sich noch für was Besseres halten und auf diese Menschen herabschauen. Das zeigen auch Übergriffe auf obdachlose Menschen, die von Personen aus unterschiedlichsten Schichten begangen wurden und werden.
Es wird auch oft vergessen oder verdrängt, dass niemand als Obdachloser geboren wird und hinter jedem von ihnen eine Geschichte, ein Schicksal steht.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als mich zu meiner Berufsschulzeit (1988/89 muss das gewesen sein) am Münster Hauptbahnhof zwei ältere Obdachlose wegen Kleingeld ansprachen. Ich war ehrlich gesagt im ersten Moment sehr misstrauisch und hatte meine Vorbehalte, weil ich noch nie ein Wort mit einem Obdachlosen gewechselt hatte. Aber schon nach kurzer Zeit habe ich gemerkt, dass sie sehr nett und sympathisch waren. Sie hatten mich auch sehr höflich angesprochen, muss ich dazusagen. Ich habe ihnen das (wenige) Geld, das ich damals als klammen 17-/18-Jähriger erübrigen konnte, gegeben. Im Nachhinein tat es mir sogar leid, dass ich ihnen nicht mehr geben konnte. Die beiden hatten sich aber dennoch über das wenige gefreut.
Nun ja, diese Begegnung hat mich danach noch lange beschäftigt. Muss ich gestehen. Ich habe mich auch oft gefragt, wie ihr Leben wohl vorher aussah.
Es ist doch so, dass man mit dem Vorverurteilen vorsichtig sein soll. Jetzt nicht nur auf Obdachlosigkeit bezogen. Denn bevor man sich versieht, ist man in einer ähnlichen Situation.