Zuletzt gekaufter/gesehener Film - Allgemeiner Filmthread

A Little Romance (1979)

Manchmal stößt man völlig unverhofft auf einen Film, von dem man nie gehört hätte, wäre er nicht aufgrund irgendeines undurchsichtigen Algorithmus unter 'Empfehlungen' aufgepoppt. So verhielt es sich bei mir mit dem vorliegenden Streifen, den mir imdb.com ans Herz legte, als ich gerade wieder dabei war, den nächsten Filmabend zu planen.

Der sympathische 13-jährige Pariser Daniel (Thelonious Bernard) - Sohn eines alleinerziehenden Taxifahrers - ist ein Filmfreak mit Leib und Seele; ganze Passagen seiner Helden (u.a. Robert Redford, Humphrey Bogart) spricht er im Kino auswendig mit, wenn er sie nicht gerade im Alltag zitiert. Während eines Schulausflugs ins Château de Vaux-le-Vicomte stiehlt Daniel sich heimlich an einen dortigen Dreh und lernt so die gleichaltrige Amerikanerin Lauren (Diane Lane) aus wohlhabendem Hause kennen, in die er sich verguckt. Zwischen den beiden herrscht auf Anhieb Zuneigung, und während ihres ersten Dates im Park lernen die Turteltäubchen zufällig den gealterten Gentleman Julius Edmond Santorin (kein Geringerer als der legendäre Sir Laurence Olivier) kennen, mit dem sie - hauptsächlich auf Laurens Initiative hin - Freundschaft schließen. Dieser erzählt ihnen, dass die Liebe eines Paares der Überlieferung zufolge ewig währt, wenn sie mit einem Kuss während einer Gondelfahrt unter der Seufzerbrücke in Venedig bei Sonnenuntergang, wenn die Glocken läuten, besiegelt wird. Als Laurens Mutter Daniel vehement ablehnt, beschließen die zwei einfach, genau dahin durchzubrennen - und Santorin soll ihnen dabei helfen.

Regisseur George Roy Hill gelang hier eine liebenswürdig inszenierte, authentische coming-of-age-Geschichte um die erste Liebe, Freundschaft und Verlusterfahrungen, in deren Zentrum drei bärenstark spielende Protagonisten stehen, wobei sich die Kids zu keinem Zeitpunkt Theater- und Leinwanddoyen Olivier bezüglich hintanstellen müssen.

8/10 geklauten Brieftaschen
 
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Crawl (2019)

Alexandre Aja hat sich im Genre Horror bereits vor vielen Jahren einen Namen gemacht und mit High Tension (2003) und The Hills Have Eyes (2006) zwei oft genannte Vertreter auf die Leinwand gebracht. Die Kritiken sind ihm zwar nicht gerade überschwänglich wohlgesonnen, zumindest letztgenannten Film empfinde ich aber immer noch als eines der stärkeren Werke dieser Sparte.

Mit Crawl kam letztes Jahr sein bis dato kommerziell erfolgreichster und positiv rezipierter Film in die Kinos. Die Protagonistin Haley (Kaya Scodelario) sucht ihren Vater Dave (Barry Pepper), um sich gemeinsam vor dem bereits wütenden Hurricane Wendy in Sicherheit zu bringen. Sie findet ihn schließlich schwer verletzt im Keller ihres früheren Familienhauses, allerdings in gefräßiger Gesellschaft eines Alligators. Mit dem Hurricane am Horizont und den Reptilien im Nacken kämpfen die beiden über etwas unter 90 Minuten Laufzeit um ihr Überleben.

Mein erster Gedanke nach der Sichtung war, dass der Film im Hinblick auf meine geringen Erwartungen erstaunlich effizient arbeitet und viele Fehler vergleichbarer Produktionen eben nicht macht. Kaya Scodelario, die ich in ihrer auffällig nervtötenden Rolle in der Maze Runner-Reihe kennengelernt habe, spielt von Anfang bis Ende sehr überzeugend und ist für mich damit vollkommen "rehabilitiert":). Das Setting des den steigenden Wassermassen ausgesetzten Hauses und ihrer Bewohner ist der Spannung sehr zuträglich und Aja schafft es, dass Tempo auf der richtigen Höhe zu halten. Sicherlich muss man an der ein oder anderen Stelle ein Auge zudrücken und der Vater-Tochter Konflikt ist sicher nicht der Gipfel der Drehbuchkunst, inhaltlich passt es aber alles in allem gut zusammen. Der Film möchte kein tiefgründiges Werk sein, er möchte mit einem einfach gestrickten Szenario unterhalten, und das gelingt ihm auch aufgrund der gekonnten Inszenierung, bei der man sich seiner Stärken und Schwächen bewusst war.

Alexandre Aja ist sicher nicht in einer Reihe mit den neuen Stars der Szene (Peele, Aster) zu nennen, hat mit Crawl aber wieder einen Titel geschaffen, der eine Sichtung wert ist.
 
Mein erster Gedanke nach der Sichtung war, dass der Film im Hinblick auf meine geringen Erwartungen erstaunlich effizient arbeitet und viele Fehler vergleichbarer Produktionen eben nicht macht.

Das ging mir genauso. Hab den Film im Kino gesehen und ich fand ihn echt gut. Nicht spektakulär aber sehr unterhaltsam.
Hatte auch zwei echte Schreckmomente die allein durch die tolle Kameraführung funktionieren.

Für mich eine der positiven Überraschungen des Kinojahres :thup:
 
La Battaglia di Algeri/Schlacht um Algiers (1966)

Es ist das Jahr 1954 und ganz Algerien befindet sich in Aufruhr: permanenter Unterdrückung, Benachteiligung und Erniedrigung satt, hat sich das Volk unter Führung der FLN (Front de libération nationale) zum Freiheitskampf gegen die französischen Besatzer erhoben. Deren zunächst übermächtig scheinendes Militär setzt alles daran, der Unruhen Herr zu werden - wenn es sein muss, auch mit Folter und false flag-Operationen. Mitten in diesen Sog siedender nationalistischer Stimmung gerät der junge Kleinkriminelle Ali La Pointe (Brahim Hadjadj), nachdem er im Gefängnis Zeuge der Hinrichtung eines Algeriers wird. Ali schließt sich der FLN an, die gerade beschlossen hat, den Krieg in die europäischen Viertel von Algiers zu tragen. Mittels brutaler Bombenattentate auf Zivilisten in Cafés und Vergnügungsstätten will man das stolze Frankreich an den Verhandlungstisch zwingen. Doch Paris denkt unterdessen keineswegs daran, l’Algérie française, wie man es liebevoll zu nennen pflegt, aufzugeben; und so werden die berühmt-berüchtigten Paras entsandt -- Fallschirmjäger, deren Skrupellosigkeit und Effizienz unter ihrem Anführer Col. Mathieu (Jean Martin) den städtischen Guerillakrieg gewinnen sollen.

Gillo Pontecorvo präsentiert in diesem Film eine Episode aus dem Algerienkrieg (1954-62) dermaßen mitreißend - ohne Partei zu ergreifen - dass 'La Battaglia di Algeri' mit Recht seinen Platz als hochwertiger Vertreter des Kriegsfilm-Genres erhielt; die zuweilen bedrückende Atmosphäre in den engen, verwinkelten Gässchen der Casbah, durch die gerade, je nach Situation, entweder französische Soldaten oder FLN-Guerillas laufen, sorgt zusätzlich für gelungenes Eintauchen in einen der blutigsten Kolonialkriege der jüngeren Vergangenheit (einzig die nicht immer stimmige Synchronisation muss ich bemängeln). Den Gauner Ali La Pointe (eigentlich: Ali Ammar), dessen Geschichte der Zuschauer hier mitverfolgt, hat es übrigens tatsächlich gegeben.

8/10 in Picknickkörben versteckten Bomben
 
Le salaire de la peur/Lohn der Angst (1953)

Irgendwo in Südamerika steht Las Piedras, ein kleiner, mit der Außenwelt lediglich über den improvisierten Flugplatz verbundener Posten, dessen einzig relevanter Arbeitgeber die US-Firma Southern Oil Company ist, welche regionales Erdöl abbaut. Da bricht ein gewaltiger Brand auf einem der Ölfelder aus, weswegen schnellstmöglich Nitroglyzerin zum Löschen hintransportiert werden muss. Weil der Job hochriskant ist, werden Fahrer nur unter den Einheimischen - oftmals gestrandete Ausländer - mit der Aussicht auf 2.000 Dollar pro Mann angeworben, von denen am Ende vier eingestellt und in LKW-Teams zu je zwei aufgeteilt werden: Korse Mario (Yves Montand), Franzose Jo (Charles Vanel), Italiener Luigi (Folco Lulli), und der Deutsche Bimba (Peter van Eyck). Was folgt, ist eine nervenstrapazierende Höllentour, bei der jeder zu schnell überfahrene Kieselstein die gesamte Sache buchstäblich sprengen könnte.

Die wohl größte Schwäche des Films ist seine ausufernde Länge zu Beginn, bei gleichzeitig kaum relevantem Inhalt. Er dauert (je nach Fassung) ca. 140-150 Minuten, von denen man die ersten 45 glatt streichen könnte, weil darin nichts passiert (außer Marios Darstellung als gehöriger Unsympath, der seinen Freund und Mitbewohner Luigi bereitwillig zugunsten des Neuankömmlings Jo verkauft). Dieser zähe Anfang kann auch durch spannende bzw. mitreißende Momente nicht mehr völlig ausgeglichen werden (wobei auch das mMn dämliche Ende seinen Teil zur eher mediokren Bewertung beitrug). Schade v.a. um die später ans Herz wachsenden Figuren.

6/10 Nitroglyzerinkanistern
 
Bob le Flambeur/Drei Uhr nachts (1956)

Noch ein Mal groß abstauben, bevor es in den Ruhestand geht: der in die Jahre gekommene Glücksspieler Bob Montagné (Roger Duchesne) sehnt sich danach, den Pariser Spieltischen in Hinterzimmern dubioser Lokale für immer zu entsagen. Eine Pechsträhne sorgt schon bald dafür, dass der Wunsch zur Notwendigkeit wird. Über seinen Unterweltkontakt Roger (André Garet) lernt Bob den Ex-Kriminellen Jean (Claude Cerval) kennen, der nun als Croupier im Luxuscasino von Deauville arbeitet und ausgiebig von dessen Safe erzählt, in dem sich bis zu 800 Millionen Francs befinden. Bob versammelt daraufhin ein Team, das diesen waghalsigen Coup durchziehen soll.

Regisseur Jean-Pierre Melvilles Frühwerk ist ein Klassiker des Film Noir und Vorbote späterer Perlen, welche im Laufe seiner Karriere folgten. Schwächer fand ich nur den Nebenstrang um Bobs Protégé Paulo (Daniel Cauchy) sowie Anne (Isabelle Corey), einer jungen Frau, die der Alte bei sich aufnimmt; mMn hätte man das komplett weglassen können.

8/10 Spielwürfeln
 
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Missing (1982)

Der idealistische Journalist Charles Horman (John Shea) und seine Frau Beth (Sissy Spacek) leben in einem lateinamerikanischen Land (Chile, wenngleich ungenannt), in dem das Militär sich gerade blutig an die Macht geputscht hat. Seitdem ist die Lage prekär: Ausgangssperren nach Sonnenuntergang, willkürliche Verhaftungen, Folter, tägliche Erschießungen und Leichen auf den Straßen werden Alltag. Im Glauben, als US-Bürger unantastbar zu sein, verweigert das Paar den Rückflug in die Heimat - eine bittere Fehleinschätzung, denn plötzlich verschwindet auch Charles spurlos. Dessen Vater Ed (Jack Lemmon) kommt daher angereist, um ihn mithilfe der (US-)Behörden zu finden - das zunächst (politisch-ideologisch bedingt) gespannte Verhältnis zu Sohn und Schwiegertochter ist dabei wenig hilfreich. Angesichts der Hinhaltetaktiken offizieller Stellen keimt selbst im erzkonservativen Ed allmählich der Verdacht auf, dass in Wirklichkeit gar kein Interesse daran besteht, ihnen in irgendeiner Weise zu assistieren - und das, was immer mit seinem Charlie geschehen ist, in Rücksprache mit den Amerikanern erfolgte.

Costa-Gavras' - bekannt für politisch aufgeladene Werke - Einblick in die Abgründe des reibungslos funktionierenden Apparats einer skrupellosen Militärjunta und ihrer Gönnerschaft in Washington. Jack Lemmon, den man eher aus Komödien kennt, trägt den Film als in Ungewissheit leidender Vater, den bürokratische, von Interessen weit höherer Sphären vorgegebenen Spielchen und hinter diplomatischer Maske auswendig heruntergeleierte Lügen zunehmend zur Verzweiflung treiben. Sissy Spacek ebenso mit glänzender Performance, vor allem in den Diskussionen mit Lemmon. Rückblenden als Stilmittel kommen bei der Aufklärung von Hormans Schicksal gelungen zum Einsatz.

Noch mehr erzürnt man bei Vergegenwärtigung der Tatsache, dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruht (siehe das Buch 'The Execution of Charles Horman: An American Sacrifice' von Thomas Hauser). Die Reaktionen in Reagans Amerika zum Zeitpunkt des Erscheinens sind ebenfalls eindeutiger Natur.

8/10 Kinderbuchskizzen
 
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Ich habe am Samstag spontan 2 Stunden meines Lebens in den Wind geschossen.

Durch Corona gehen mir langsam aber sicher die Filme aus. Deshalb bin ich über meinen Schatten gesprungen und habe mir den Film "WIR" von 2019 angeschaut.

Mein Fazit: HABT IHR LACK GESOFFEN???

Ich versuche mich ein wenig zu zügeln, denn das war hier wirklich eine Frechheit an Film. Ich fand "Get Out" schon super beknackt und konnte den Hype keine Sekunde nachvollziehen.

Inzwischen kann ich selbst den Hype von Jordan Peele nicht nachvollziehen, vor allem nach diesem Film.

Der Film erzählt eine derart diffuse Geschichte, von wegen es gibt für jeden Menschen auf der Welt einen Klon. Diese Klone leben irgendwo unter der Erde und kommen alle gleichzeitig zum Vorschein. Soweit so gut, denn die erste Stunde ist wirklich super.
Die Story an sich klingt ja auch ein wenig interessant. Die Auflösung des ganzen ist allerdings so, als hätte man einen 5jährigen gefragt, wie er diesen Film denn gerne auflösen möchte.

Irgendjemand hat alle geklont und wurde dann verrückt und ist gestorben? Alle gleichzeitig oder was?
Was essen und trinken denn die Klone seit über 26 Jahren? Wie kommunizieren die Klone? Was wollen die Klone mit ihrer Schlangenbildung erreichen?
Und das wichtigste, warum ist die Hauptdarstellerin ein Klon, weiss es aber nicht mehr? Und wieso weiss die andere Version von ihr, nicht mehr dass sie doch normal sprechen kann?


Ich hätte noch mehr solcher Fragen, aber der Film ist einfach vollkommener Humbug. :confused:
 
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Berlin Alexanderplatz

Ein wirklich mitreißender Film und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Also, es ist eine Neuinterpretation des gleichnamigen Romans, aber der Franz ist jetzt kein Berliner, sonder ein Flüchtling namens Francis.

Man bekommt hier drei Stunden Drama und man kann eigentlich nicht anders als sich die ganze Zeit zu fragen, wie viel kann ein Mensch noch ertragen, bis der berühmte Krug zerbricht.
Die Story ist nie langweilig und, ich persönlich finde auch, dass der Film nicht eine Minute kürzer hätte sein dürfen.
Die Schauspieler sind durch die Bank weg hervorragend, auch wenn manchmal die Beziehung zwischen ihnen nicht ganz klar erscheint und somit leider an manchen Passagen wie gewollt wirkt. Aber eigentlich macht das genau den Reiz des Films aus, denn fast alle verhalten sich anders als man es selbst tun würde und so kann man den Charakteren dabei staunend zuschauen, wie sie sehenden Auges in den Abgrund laufen.

Die Hauptdarsteller sind hervorragend. Welket Bungué als Francis/Franz füllt die Rolle aus und nimmt einen mit in den Abgrund und man leidet mit ihm mit, verachtet ihn gleichzeitig und hofft doch, dass sein Elend endlich ein Ende findet.
Auch die weiteren Darsteller/innen überzeugen. Jella Haase, die es schafft in der Geschichte Hoffnung und greifbar nahes Glück zu verkörpern oder Joachim Król, der mit Leichtigkeit das väterliche Böse aus dem Ärmel schüttelt.
Aber die wirkliche Entdeckung für mich ist Albrecht Schüch, der den Reinhold gibt. Und zu sehen, wie er diesen Soziopathen zum Leben erweckt ist das Beste am ganzen Film!
Die Kameraführung, das Setdesigne, der Schnitt, Ton und Musik sind super, was nicht gerade typisch ist für einen deutschen Film. Hier werde ich mich nochmal schlau machen, wer dafür verantwortlich ist.
Regie führte Burhan Qurbani und für den Film bekommt er von mir einen dicken :clap:.

8 von 10 Krügen.
 
Il conformista/Der große Irrtum (1970)

Der opportunistische Marcello Clerici (Jean-Louis Trintignant) führt ein Dasein, das ihm nicht wenig Probleme beschert hat: der Vater ist im Irrenhaus gelandet, seine Mutter drogenabhängig, und um seine Verlobte heiraten zu können, muss der bekennende Atheist auf Wunsch ihrer Mutter zur Beichte gehen. Obendrein erhält er als Agent der faschistischen Geheimpolizei den Auftrag, seinen ehemaligen Mentor, den Philosophen und Linken Luca Quadri (Enzo Taraschio) welcher im französischen Exil weilt, zu ermorden, wofür ihm extra ein Mann fürs Grobe zur Seite (und Kontrolle) gestellt wird. Clerici verlegt die Flitterwochen daher kurzerhand nach Paris, nimmt Kontakt zu Quadri auf und beginnt eine Affäre mit dessen weit jüngerer Frau Anna (Dominique Sanda), welche ihm eröffnet, dass der Professor vom Auftrag aus Rom weiß. Clericis beginnender Gewissenskonflikt stellt die Loyalität zum Mussolini-Regime zunehmend auf die Probe...

Bernardo Bertoluccis Verfilmung des gleichnamigen Romans von Alberto Moravia wusste mich trotz weitgehend überzeugender Darstellerleistung (manche Szenen zwischen Marcello und Anna fand ich sehr hölzern) und ansprechendem Produktionsdesign eher nicht zu überzeugen. Zu langsam mMn das Tempo des Films; außerdem gibt es Rückblenden in Clericis Pubertät, welche mit dem (mE merkwürdigen Ende) verwoben werden, ohne dass die Grenze zwischen Realität und Illusion hinreichend aufgeklärt wird. Grundsätzlich jedoch ist die Geschichte eines Mannes, der nichts so sehr wünscht, wie die eigene Eingliederung ins größere, harmonische Ganze - nämlich "die Gesellschaft" mitsamt dem kollektiv vorgegebenen Werte-/Sittenkodex - und der auf diesem Wege alles zu opfern bereit ist, durchaus ansprechend.

6/10 blutigen Messern
 
Danton (1983)

1794 erlebt das revolutionäre Frankreich den Höhepunkt jakobinischer Terrorherrschaft: absolute Nichtigkeiten reichen, um denunziert zu werden und das Schaffott Richtung Guillotine zu beschreiten. In diesem Klima des Schreckens gilt Georges Danton (Gérard Depardieu) als Hoffnungsträger der Gemäßigten, welche hoffen, Maximilien Robespierres (Wojciech Pszoniak) zunehmender Paranoia Einhalt zu gebieten. Jener vermeidet anfangs die direkte Konfrontation mit seinem ehemaligen Mitstreiter, indem er Danton nahestehende Oppositionelle verhaften lässt. Nach einem letzten gemeinsamen Abendessen brechen die beiden schließlich miteinander, woraufhin Danton selbst ins Visier der Willkürjustiz gerät. Im Vertrauen auf seine Beliebtheit beim Volk geht er selbstbewusst in den nun folgenden Schauprozess...

Andrzej Wajda schuf mit 'Danton' ein (trotz dramaturgischer Freiheiten) stimmiges Polit-Drama vor historischer Kulisse, in dem auf herrlich hohem Niveau buchstäblich über Leben, Tod und Ideale debattiert wird. Die kaum verhohlene Anspielung auf zeitgenössische kommunistische Diktaturen in Ost(mittel)europa sorgte bei französischen Regierungskreisen um Mitterrand für eher verhaltene Reaktionen (der Film war u.a. französisch koproduziert).

8/10 durcheinandergebrachten Perücken
 
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La graine et le mulet/Couscous mit Fisch (2007)

Ungeachtet jahrzehntelangen Dienstes im südfranzösischen Hafen Sète wird der alternde tunesische Werftarbeiter Slimane (Habib Boufares) aufgrund nachlassender Leistungen kurzerhand vor die Tür gesetzt. Weil ihm vor der anstehenden Perspektivlosigkeit graut, beschließt er, den lang gehegten Traum eines eigenen Restaurants für maghrebinische Spezialitäten wahr werden zu lassen. Während das Vorhaben bei Ex-Frau, Kindern und Bekannten auf Skepsis stößt, steht ihm Stieftochter Rym (Hafsia Herzi) tatkräftig zur Seite. Um die wenig überzeugte Beamtenschaft, von deren Wohlwollen das bürokratische Einverständnis abhängt, für sich zu gewinnen, wird ein großes Eröffnungsevent mit Essen und Live-Musik geplant, bei dem Slimanes gesamte Familie anpackt. Unvorhergesehene Entwicklungen gefährden allerdings den reibungslosen Ablauf des Abends...

Diesen Film habe ich vor einigen Wochen zufällig im arte-Nachtprogramm erwischt und bin dann hängenblieben. Die mMn etwas ausufernde Länge von ca. 150 Minuten kommt durch zahlreiche ausgedehnte Gespräche zustande, welche die Figuren miteinander führen, was an mancher Stelle (wie dem Mittagsmahl am Familientisch) durchaus bereichernd wirkt, obwohl es mitunter nur um alltägliche Belanglosigkeiten geht.

Star des Films ist für mich - noch vor dem stark spielenden Laien Boufares - eindeutig Hafsia Herzi (damals gerade einmal 19/20 Jahre alt); Regisseur Abdellatif Kechiche hat bei der Besetzung beider zentraler Charaktere seltene Glücksgriffe getätigt. In den Großfamilien-Szenen wird das Schöpfen aus persönlichen Erfahrungen anhand von Atmosphäre und Interaktion der Mitglieder deutlich; besonders an diesen Stellen kommt menschliche Wärme auf, weil die zuweilen chaotische Geräuschkulisse schreiender Kinder oder schimpfender/lästernder Frauen Identifikationspotential birgt (wenngleich vermutlich nicht völlig klischeebefreit).

Gesondert erwähnen sollte man das mE zweischneidig wirkende Ende, welches mir durchaus gefiel, zugleich aber irgendwie enttäuschte.

8/10 Fischtellern mit Couscous
 
Spawn (1997)

Vor undenkbar langer Zeit, als Comic-Verfilmungen die Ausnahme darstellten, auf eher bescheidenem Level dahergetrottet kamen und wenig Einfluss auf cineastische Entwicklungen hatten, bekam das Kinopublikum des Sommers 1997 eine höllenzentrierte Geschichte um klassische Motive wie Verrat, Leid und Rache serviert. Spezialagent Al Simmons (Michael Jai White) wird beim Infiltrieren eines nordkoreanischen Biowaffenlabors vom eigenen Chef (Martin Sheen) und Kollegin Jessica Priest (Melinda Clark) ermordet. Er gerät auf direktem Wege in die Hölle, wo ihm der mächtige Unterweltfürst Malebolgia einen Pakt offeriert: Simmons darf zurück auf die Erde zur Verlobten -- vorausgesetzt, er führt dessen Heerscharen in den Krieg gegen die Menschheit. Der Gepeinigte akzeptiert, stellt aber nach seiner Rückkehr den Pferdefuß an der Sache fest: erstens ist er völlig entstellt. Zweitens sind bereits fünf Jahre vergangen, und (nunmehrige) Ex-Verlobte Wanda (Theresa Randle) ist jetzt mit seinem früheren Freund Terry (D.B. Sweeney) verheiratet. Damit er zwecks apokalyptischer Missionserfüllung einigermaßen zurechtfindet, hat ihm Malebolgia den dämonischen Clown Violator (John Leguizamo in Bestform) als Guide hinterhergesandt, welcher gleichzeitig dafür sorgen soll, dass 'Spawn' - wie der neue Rekrut heißt - nicht auf den Gedanken kommt, wieder auszusteigen.

Fürchterlich gealtertes CGI im Overkill, nicht gelungenes Pacing, überzeichnetes Schauspiel (v.a. Sheen) lassen den Streifen nicht über den Status eines guilty pleasure hinauskommen. Einziges Highlight ist Leguizamos Violator (dem man den Spaß sichtlich anmerkt), welchen ich im Falle eines (mMn nötigen) Remakes unbedingt zurück an Bord holen würde.

5/10 mächtigen Fürzen
 
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Le Cercle Rouge/Vier im roten Kreis (1970)

Aufgrund guter Führung vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, ist Corey (Alain Delon) gerade unterwegs nach Paris, als ein ungebetener Gast im Kofferraum seines Wagens landet: es ist der frisch entflohene Häftling Vogel (Gian Maria Volonté), welcher versucht, polizeilicher Verfolgung zu entgehen. Nach anfänglichem Misstrauen nimmt Corey ihn mit und weiht die neue Bekanntschaft auch sofort in sein nächstes Projekt ein -- den Einbruch bei einem edlen Pariser Juwelier. Das dortige ausgefeilte Alarmsystem kann aufgrund des außergewöhnlich gestalteten Mechanismus nur von jemandem mit Scharfschützenqualitäten abgeschaltet werden. Hier kommt Ex-Polizist Jansen (großartig: Yves Montand) ins Spiel; einst begnadet ob seiner Treffsicherheit, haben dessen Fähigkeiten seit Dienstende beträchtlich unter Alkoholmissbrauch und psychischen Problemen gelitten. Den zunächst unwilligen Dritten überzeugt letztlich der Drang, es allen - an vorderster Stelle sich selbst - noch einmal zu zeigen. Im Niemandsland zwischen feindlichen Unterweltkontakten (die mit Corey noch eine Rechnung offen haben) und der von Inspektor Mattei (André Bourvil) verkörperten Staatsgewalt beginnt das Trio akribische Vorbereitungen....

Man muss es gesehen haben, dieses rauhe, kalte, ästhetisch abstoßende Paris, mit zwielichtigen Gestalten und mörderischen Einzelgängern. Man muss es wirken lassen, das in bedeutungsschwangeren Momenten herrschende Schweigen. Und man muss einfach mitfiebern, wenn Jansen schließlich zum Gewehr greift, um den Faden der Unternehmung durch's Nadelöhr des Gelingens zu führen.

Meinerseits in diesem Thread schon einmal positiv rezensiert (siehe 'Bob le Flambeur'), lieferte Jean-Pierre Melville mit 'Le Cercle Rouge' ein brillantes Beispiel des sog. heist film-Genres; allein die Raubszene (welche komplett ohne Dialog verläuft) gehört zu den mE beeindruckendsten Szenen der Filmgeschichte. Einer eiskalt, der zweite passiv-aggressiv, der dritte labil; und alle hervorragend. Delon, Volonté, Montand -- was geben diese Herren nur für ein geiles Team ab! Chapeau, messieurs!

9/10 speziell angefertigten Gewehrkugeln
 
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Adventure Time: Distant Lands - BMO

Das erste von vier 45min Specials für die vollendete Zeichentrickserie Adventure Time. Schön, da wieder neues Material auf dem Bildschirm zu sehen, da mir die Comic-Fortsetzung einfach nicht gefallen hat. Jetzt bin ich halt vor allem auf die nächste und auf die letzte Folge dieser kleinen Reihe gespannt, weil sie sich um Marceline und Bonnibel und dann anscheinend um weitere Abenteuer von Finn und Jake nach dem Ende der Serie drehen werden.
Hat mir gefallen, auch wenns halt nicht an die epischen und RPG-geschwängerten Folgen der Hauptserie rankommt. Dennoch: ein interessanter und unterhaltsamer Zusatz für diese Fiktion, der wunderbar als Prequel funktioniert und einige süße Aha-Momente bereit hält :)
 
The Cabin in the Woods

Im Mittelpunkt des Films steht eine Gruppe aus fünf jungen Menschen, die in einer abgelegenen Hütte in einem Wald Urlaub machen wollen. Im Keller der Hütte entdecken sie allerhand unheimliches Zeug und die Beschäftigung damit führt dazu, dass eine Horde Zombies erwacht und Jagd auf die Hauptfiguren macht. Was diese - anders als der Zuschauer - nicht wissen: Sie sind Teil eines Projekts, das von Wissenschaftlern beobachtet und auch gesteuert wird.

Ich weiß ja nicht. "The Cabin in the Woods" wird häufig als intellektuelle Satire auf das Horror-Genre angepriesen und mir wurde der Film auch schon öfter empfohlen. In einem spontanen Anflug hatte ich heute mal Lust darauf. Intellekt kann ich in diesem Film jedoch kaum finden, und dafür, dass er das gängige Schema konventioneller Teenie-Splatter-Filme auf den Kopf stellen soll, läuft er über weite Strecken erschreckend genau wie eben ein konventioneller Teenie-Splatter-Film ab. Die Auswahl der Schauspieler für die Gruppe ist bestenfalls Mittelmaß, die Auflösung der Frage, was eigentlich hinter allem steckt, ist völlig gaga und ich werde nie verstehen, wie man sich trauen kann, so irrsinnig schlechte Effekte wie im völlig überladenen Finale zu präsentieren ohne sich dafür zu schämen - wenn sogar ich als Zuschauer, der das nicht im Entferntesten verbrochen hat, darüber Fremdscham empfinde. Sicher, die "Message" hinter dem Film, dass wir als Zuschauer ebenso wie die Wissenschaftler, die das Experiment lenken und beobachten, im Endeffekt Voyeuristen sind, wenn wir uns einen solchen Film ansehen, hat etwas. Zudem ist die eine oder andere Anspielung ganz witzig. Alleine dafür muss man sich diese 95 Minuten aus meiner Sicht allerdings nicht antun. 3/10.
 
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[...] und ich werde nie verstehen, wie man sich trauen kann, so irrsinnig schlechte Effekte wie im völlig überladenen Finale zu präsentieren ohne sich dafür zu schämen

Nach mittlerweile 8 Jahren sollte zumindest berücksichtigt werden, dass die Effekte des Film damals m.E. nicht ganz so schlecht gewirkt haben, wie sie es heute tun ...und das tun sie leider wirklich:kaw:.

Angestoßen durch deine Rezension habe ich gerade nochmal ein paar Ausschnitte auf Youtube geschaut:D.
 
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