Ein Arbeitsplatz kann weit mehr sein als die Stelle, an der man sein Geld verdient. Oft entwickelt sich dort ein Umfeld, das einem hilft, in einer neuen Umgebung Fuß zu fassen. Wenn man in eine fremde Stadt zieht, sind Kolleginnen und Kollegen häufig die ersten Menschen, mit denen man ins Gespräch kommt. Man bekommt Tipps, hört Alltagsgeschichten und Orte kennen. Irgendwann merkt man, dass man angekommen ist.
Gerade für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, kann dieser Raum entscheidend sein. Integration geschieht selten durch große Programme allein, sondern durch gemeinsames Tun. Man arbeitet miteinander, fragt nach, hilft aus, lacht über die gleichen Missgeschicke. Daraus entstehen oft Beziehungen, die über den Arbeitsplatz hinausreichen. Viele neue Freundschaften beginnen genau dort, wo man eigentlich nur eine Aufgabe erledigen wollte.
Das gilt übrigens auch in Bereichen, in denen man es nicht sofort vermuten würde. In einem Lehrerkollegium etwa kann der Zusammenhalt enorm sein. Wenn man gemeinsam Projekte stemmt, turbulente Tage übersteht oder sich über die Kuriositäten des Schulalltags austauscht, entsteht eine besondere Atmosphäre. Da wird dann auch viel gemeinsam gelacht und herumgealbert.
Und etwas anderes spielt ebenfalls eine große Rolle: Arbeit gibt vielen Menschen das Gefühl, gebraucht zu werden, wie Raven bereits geschrieben hat. Dieses Gefühl von Sinn lässt sich schwer ersetzen. Wenn man merkt, dass das eigene Tun Wirkung hat und man Teil einer Gemeinschaft ist, entsteht eine Art innere Stabilität, die über den Beruf hinaus trägt.
Arbeitsplätze sind ganz wichtige soziale Orte. Sie bringen Menschen zusammen, die sich sonst nie begegnet wären, wie zum Beispiel diese Woche die Mutter meiner nigerianischen Schülerin, die auf einer Weihnachtsfeier mit der Mutter einer meiner wenigen einheimischen Schüler zusammensitzt, wie ich auf einen Foto sehen konnte. Die beiden Mütter haben sich durch die gemeinsame Arbeit im Pflegedienst angefreundet, wie mir von ihren Kindern erzählt wurde.