Passengers (2016)
(Achtung, Spoiler zu diesem Machwerk)
Ich bin einigermaßen erschüttert darüber, dass ein Film, der die perfekte Gelegenheit hatte, mutig zu sein, am Ende derart mut- und einfallslos ist. Dabei ist die Ausgangslage vielversprechend und der Film liest sich in der ersten Hälfte wie eine spannende Diskussion über das moralische Dilemma und die Entscheidung des Protagonisten Jim, und er stellt darüber hinaus eine interessante Reflexion über das Thema Einsamkeit (gerade in einer hochtechnisierten, digitalen Umgebung, der aber eben das Menschliche fehlt) und wozu diese einen Menschen treiben kann dar. Spätestens im letzten Drittel geht dann jedoch alles, was man bis dahin verheißungsvoll aufgebaut hatte, den Bach hinunter. Während der Film, und das ist für einen modernen Sci-Fi-Blockbuster ja alles andere als typisch, die ganze Zeit über ohne Action auskommt (und dennoch nie langweilt), muss am Ende natürlich doch noch das Effektgewitter präsentiert werden. Die äußerst interessante, moralisch eben sehr ambivalente Hauptfigur Jim bekommt natürlich seine "Redemption", er hat zwar Auroras Leben im Prinzip zunichte gemacht und sie für sein eigenes Wohlergehen mit in den Dreck gezogen (die von Laurence Fishburnes Charakter genutzte Metapher des ertrinkenden Mannes, der unbedingt jemanden mit sich ins Wasser ziehen will, ist sehr treffend), aber natürlich verzeiht sie ihm. Jim ist eigentlich auch schon tot, dies wird sogar bestätigt, aber natürlich fuhrwerkt man minutenlang herum, bis er auf magische und ach so unerwartete Weise doch überlebt. Kurz gesagt: Ein Klischee reiht sich an das nächste, damit sich in Hollywood ja jeder wohl fühlt und damit bloß keine Kontroverse, bloß keine Reibung entsteht. In diesem Sinn steht dann auch das Ende, welches dem Film den endgültigen Todesstoß versetzt: Aurora entscheidet sich nicht dafür, sich wieder in Stasis zu versetzen und, wie es geplant war, in der Zukunft zu erwachen, lieber verbringt sie den Rest ihres Lebens mit dem geläuterten, uns am Anfang als ambivalent vorgestellten, aber jetzt doch ganz braven Jim, den man einfach gern haben muss. Aus einer vielversprechenden und nicht unbedingt typischen Figurenkonstellation wird somit doch das zuckersüße, bereits tausende Male gesehene Filmpärchen. Ich hatte bei der Szene nach dem Zeitsprung die Hoffnung, dass Aurora nun mit den anderen Passagieren erwacht - damit nämlich hätte der Film eine effektive Schlusspointe aufgewiesen, nämlich die Erkenntnis, dass Auroras dann lediglich scheinbare Verliebtheit in Jim auf der reinen Pragmatik basiert hätte, nicht alleine sein zu wollen. Genau so, wie dies ja ihn letztlich motiviert hat, sie aus der Stasis zu erwecken. Dies geschah, auch wenn er sich das einredet, ja nicht aus aufrichtiger Liebe zu ihr, sondern deswegen, weil sie gerade die Person war, in der er die Möglichkeit sah, seiner Isolation zu entfliehen.
Aber gut, derartige Gedankengänge sind für diesen Film wohl zu tiefsinnig und zu psychologisch. Mit etwas mehr Mut hätte man es aber genau hierauf hinauslaufen lassen können, stattdessen entschied man sich für das konventionellste 0815-Ende, das man dieser Geschichte hätte aufsetzen können. Damit ist "Passengers" am Ende doch nur ein weiterer - immerhin optisch sehr gut gemachter und schauspielerisch hervorragend besetzter - Mainstream-Hollywood-Blockbuster der banalen Sorte. Das ist sehr schade, da der Film in der ersten Hälfte mehrmals das Gefühl vermittelt, genau das nicht zu sein.