Zuletzt gekaufter/gesehener Film - Allgemeiner Filmthread

Red Sun (1971)

Link Stuart (Charles Bronson) und sein Partner Gauche (Alain Delon) sind Anführer einer Räuberbande, die um 1870 den Wilden Westen unsicher macht. Die zwei könnten unterschiedlicher nicht agieren; während Stuart im Zweifelsfall Menschlichkeit walten lässt, ist Gauche hochgradig sadistisch veranlagt. Objekt ihres letzten Überfalls ist ein Zug auf dem Weg nach Washington, in welchem zufällig auch der japanische Botschafter (Tetsu Nakamura) sitzt, damit beauftragt, dem US-Präsidenten ein prächtiges rituelles Schwert als Geschenk zu überreichen. Die meisterhaft geschmiedete Waffe weckt Gauches Begierde: er stiehlt sie, tötet einen der beiden Leibwächter des Diplomaten und tut das Racheversprechen des anderen als nicht ernstzunehmend ab. Obendrein verrät er Link; dieser entkommt dem Dynamitanschlag jedoch und verbündet sich nur widerwillig mit Kurosa Jubei (Toshirō Mifune), der Gauche Vergeltung geschworen hatte. Jubei erhält sieben Tage, um das Schwert zurückzubringen, bevor sowohl er als auch der Botschafter aufgrund des ansonsten drohenden immensen Ehrverlusts Selbstmord begehen müssen. Bald keimt in Link die Vermutung auf, dass der verräterische Ex-Partner seine Geliebte Cristina (Ursula Andress) im Örtchen San Lucas aufsuchen könnte, wohin er den Weg mit dem Samurai im Schlepptau antritt..

Der eigentlich eher für James-Bond-Filme bekannte Terence Young wagte mit Red Sun den leider nicht sonderlich geglückten Ausflug ins Western-Genre. Es wirkt, als hätte man nicht ganz zu entscheiden gewagt, ob bierernstes Drama oder doch lieber Buddy-Komödie (mit albernen Gags), und daher beiderseitig Elemente zusammengeschustert. Der Cast ist hier so ziemlich das Interessanteste, muss ich sagen. Kategorie: ein Mal sehen und dann wieder vergessen.

5/10 exklusiven Tachi
 
The Pawnbroker (1964)

Der New Yorker Pfandleiher Sol Nazerman (Rod Steiger) ist ein Misanthrop par excellence. Den ganzen Tag über in seinem zum persönlichen Refugium umfunktionierten kleinen Geschäft eingeigelt, will er mit der Außenwelt und ihren Vetretern nichts zu tun haben -- Verzweifelte, die dennoch zu ihm kommen, erhalten für ihre Gegenstände deutlich weniger Geld, als ihnen eigentlich zustünde. Was niemand im Ghetto wissen kann: Sol Nazerman ist Holocaust-Überlebender und hat seine gesamte Familie verloren. Gealtert, schwer traumatisiert und völlig gefühlskalt geworden, absolviert er Tag für Tag im Dienste des Gangsterbosses Rodriguez (Brock Peters), seinem "Vermieter". Einzig zum jungen Mitarbeiter Jesus (Jaime Sánchez), den er ausbildet, existiert ansatzweise so etwas wie eine Beziehung. Der Puertoricaner sieht in Nazerman gewissermaßen sogar eine Vaterfigur, was ihn zu einer fatalen Entscheidung treibt, als dieser ihn lautstark demütigt...

Sidney Lumets Verfilmung des gleichnamigen Romans ist harte Kost. Das zuweilen an Kammerspiel gemahnende Werk bietet in der Enge des vergitterten, abstoßenden Pfandgeschäfts - Spiegelbild zu Nazermans eigenem Innenleben - genug Platz für (unter der Oberfläche) brodelnde Emotionen. Dabei sind es nicht nur spärlich (aber sehr effektiv) eingesetzte Rückblenden, in denen man erfährt, was Nazermans Frau und Kindern angetan wurde, sondern vor allem jene Facetten des Grauens, die man nicht zu sehen bekommt. Rod Steiger, ohnehin als extrem vielseitiger Schauspieler bekannt, liefert die mMn beste Performance seiner Karriere. Ein (auch durch das offene Ende) verstörender Film, der mich immer noch beschäftigt.

8/10 aufgespießten Belegen
 
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Angel-A (2005)

Andre (Jamel Debbouze) ist ein im Grunde gutherziger Pariser Kleinkrimineller, den finanzielle Sorgen in Form von wenig zimperlichen Gläubigern plagen. Nachdem er über keine Möglichkeit verfügt, die angehäuften Schulden zu bezahlen, beschließt er, sich einfach von der nächsten Brücke in die Seine zu werfen. Offenbar hatte eine mysteriöse junge Frau (Rie Rasmussen), welche er im letzten Moment bemerkt, dieselbe Idee; Andre springt ihr kurzerhand nach und rettet sie. Angela, wie die Fremde heißt, verspricht ihm aus Dankbarkeit, nicht von seiner Seite zu weichen und zu helfen, wo sie nur kann. Zunächst weiß der überforderte Andre damit nichts anzufangen: sicher, die fast 1,80 große Blondine ist attraktiv und intelligent, aber wie soll sie ihn im Angesicht gewaltbereiter Banden schützen? Anders als er glaubt, ist Angela aber keine gewöhnliche Frau -- und ihr Zusammentreffen auch kein Zufall...

Luc Bessons in schwarz-weiß gehaltene Begleitung eines sehr ungleichen, dafür umso sympathischeren Duos (gerade Rasmussen ist eine sehr coole Sau) ist mit tollen, film-noir-mäßigen Aufnahmen eine Liebeserklärung an Paris. Das Ende ist mir eine Spur zu kitschig, worüber ich jedoch aufgrund des sehr positiven Gesamteindrucks - denkwürdige Dialoge, gut dosierte Action, nicht zu viel Humor, ein bisschen Emotion - hinwegsehen kann.

8/10 aus Frust weggeworfenen Sandwiches
 
Color out of Space- Die Farbe aus dem All (2019)

Der Film fing eigentlich komplett unspektakulär und etwas fad an. Zur Mitte des Films dann ruft die Handlung und , JAOWHL, Nicolas Cage sein komplettes Potenzial ab.
Man merkt endlich wieder den klassischen Nicolas Cage, wie er übertrieben und überdreht seine Leistung bringt.

Eklig wird dann auch dieser Hybrid aus Mutter und Sohn. Stad da stets kurz vor dem Ekelfaktor. Ende war dann wieder vorhersehbar- auch kein Problem für alte Filmhasen wie mich!

6/10
 
The Cincinnati Kid (1965)

Im Amerika der großen Depression ist jeder Weg recht, um das eigene Überleben zu sichern. Eric "The Kid" Stoner (Steve McQueen) ist ein geborener Spieler und Poker sein Handwerk, New Orleans das Revier. Stoner möchte der Beste werden; doch hierfür muss er zunächst den amtierenden Großmeister vom Thron - beziehungsweise Spieltisch - stoßen, und das ist Lancey Howard, ehrfürchtig "The Man" geheißen (Hollywood-Urgestein Edward G. Robinson), an dem so mancher Talentierte gescheitert ist...

So ganz habe ich leider den Zugang aufgrund mangelnder Poker-/Slangkenntnisse nicht gefunden, obwohl die beiden Hauptdarsteller überzeugen und das Finale sitzt. Nur der Handlungsbogen bis zum Duell hapert ein wenig und gibt (mMn uninteressanten) Figuren zu viel Platz. Ray Charles' Titelsong ist gut, insgesamt aber hätte Norman Jewisons Film vielleicht eine Viertelstunde weniger besser getan.

6/10 an die Mauer geworfenen Münzen
 
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Ma nuit chez Maud/Meine Nacht bei Maud (1969)

Jean-Louis (Jean-Louis Trintignant) trifft im verschlafenen Clermond-Ferrant zufällig seinen alten Freund Vidal (Antoine Vitez) wieder. Was völlig banal beginnt, erfährt eine interessante Wendung, als Vidal ihn einlädt, mit ihm eine Freundin namens Maud (Françoise Fabian) zu besuchen. Die Begegnung mit der alleinerziehenden und extrovertierten jungen Frau bringt des schüchternen Katholiken Emotionen - welche noch ganz im Bann der hübschen Françoise (Marie-Christine Barrault) stehen, welche er in der Kirche gesehen hat - gehörig durcheinander; erst recht, da Vidal sich im Laufe des Abends verabschiedet und Maud darauf besteht, die neue Bekanntschaft beim starken Schneefall nicht allein im Auto heimfahren zu lassen...

Éric Rohmers witzige und ein bisschen sentimentale Darstellung eines Beziehungsgeflechts mehrerer Personen, in dem jeder einige, aber nicht alle der beteiligten fünf (inkl. dem nur namentlich erwähnten Ex von Maud) kennt, blieb mir in erster Linie aufgrund inhaltlich wie intellektuell ansprechender Gesprächsthemen (Glaube/Christentum, Atheismus, Marxismus, Blaise Pascal, Liebe) positiv in Erinnerung. Françoise Fabian ist als unkonventionelle, moderne Frau der 60er definitiv Herz des Films, Trintignant (dem die introvertierten Rollen irgendwie stehen) sowieso Sympathieträger.

8/10 unter außergewöhnlichen Umständen geteilten Betten
 
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Le Doulos/Der Teufel mit der weißen Weste (1962)

Silien (Jean-Paul Belmondo) gehört zu den besonders undurchsichtigen Figuren der Pariser Unterwelt: einerseits Krimineller nicht unerheblicher Reputation, andererseits Polizeispitzel. Wer ihm in die Quere kommt, wird per Telefonat ohne viel Federlesens gemeldet -- ein bequemer Weg, um unliebsame Konkurrenz loszuwerden, wenn es sein muss. Sein Freund Maurice (Serge Reggiani) hat derweil andere Sorgen; frisch aus dem Knast entlassen, plant er einen Einbruch im wohlhabenden Stadtteil Neuilly. Das Vorhaben geht daneben, als völlig unerwartet die Polizei auftaucht und sein Komplize im darauffolgenden Schusswechsel getötet wird. Maurice wird verletzt und kann sich gerade noch retten, während er schwört, Silien, welcher von der Sache wusste, für den Verrat bezahlen zu lassen...

Bis zum Schluss lässt Regisseur Jean-Pierre Melville den Zuschauer rätseln, auf welcher Seite Silien denn nun tatsächlich steht. Und obwohl die zuweilen verwirrende Story mit zahlreichen beteiligten Charakteren am Ende vielleicht eine Spur zu erklärbärhaft aufgerollt wird, hat mir die Ambiguität des Protagonisten ungemein gefallen. Ansonsten ist es halt ein klassischer Melville, zu dessen ausgemachten Fans ich mich mittlerweile zähle: knallharte Typen, viel Rauch, wenig Dialog, Minimalismus pur.

(Als Vorgeschmack folgt die mMn legendäre Eröffnungssequenz).


9/10 vergrabenen Juwelenbeuteln
 
Pickpocket (1959)

Wo immer sich gerade Menschenmengen bilden, wird man ihn finden, denn sie sind sein Ernährer: Michel (Martin LaSalle) ist Taschendieb, der von dem lebt, was er in den Portemonnaies seiner Opfer findet. Er stiehlt, weil er es muss, weil er es kann, weil es ihm zur Gewohnheit geworden ist. Dumm nur, dass ihn Zivilpolizisten beim letzten Pferderennen erwischen und dem Inspektor (Jean Pélégri) vorführen, der ihn gleich darauf aus Mangel an Beweisen gehen lassen muss. Die schnell überwundene brenzlige Situation führt aber bei Michel zu keinem Umdenken; er wird Teil einer Bande von Profidieben und verbessert bei ihnen das eigene Sortiment an Tricks. Privat sieht es eher trist aus: die von ihm aus Scham nur selten besuchte Mutter ist schwer krank, deren junge Nachbarin Jeanne (Marika Green) ihre einzige wirkliche Bezugsperson. So steht des Kriminellen Leben ganz im Zeichen seiner Profession. Wider besseres Wissen bleibt Michel auf jenem Pfad, von dem er genau weiß, dass er ihn ins Verderben führen wird, denn der Inspektor und seine Leute behalten ihn im Auge...

Robert Bresson ist bekannt für minimalistische (sowie durchaus religiös angehauchte) Inszenierungen, in denen - getreu den großen russischen Literaten - der Hauptfiguren innere Konflikte im Mittelpunkt stehen. 'Pickpocket' ist die Geschichte eines Mannes, der, wie gelähmt, sehenden Auges dem persönlichen Untergang entgegensteuert, worin sich dennoch eine Chance zur charakterlichen Weiterentwicklung und Wiedergutmachung bietet.

8/10 auf einfallsreiche Weise entwendeten Wertsachen
 
Mortal Kombat (2021)

Hab den Film dieses Wochenende geguckt. Fand ihn sogar minimal besser als den Anderson-Film (da etwas mehr Handlung, Witz und Charme), aber wirklich gut war er dann auch nicht.

Die erste Hälfte war ja ganz ok und bot neben netten Schauwerten auch eine minimale Geschichte. Die zweite war dann aber fast nur noch auf Action aufgebaut und der große Fight viiiiiel zu lange (hab mich großteils dabei gelangweilt).

Gut waren die Splatter-Szenen, die fand ich großteils ansehlich. Die Story war halt das klassische Team-Buidling inkl. "Held mit mächtigem Ahnen muss über sich hinauswachsen". Witzig fand ich den Namen des Vorfahren Hanzo (Han So gesprochen :D).

Alles in allem nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut:
5 von 10 Punkten!
 
El Camino (2019)

Wie soll ich sagen...es war nett, wieder kurz ins BB-Universum zurückzukehren, aber im Grunde ist es die Geschichte von Walter White, und diese wurde schon lange zu Ende erzählt...der Film wirkt wie ein überlanger Filler - merkt man v.a. an den vielen Todd-Rückblicken - mit Ausnahme des Cleaners sind sämtliche interessanten Figuren tot, der "Showdown" zum Schluss wirkt irgendwie erzwungen. Da ich kein Fan von Aaron Paul bzw. Jesse bin, war für mich der Fanservicefaktor des ihm gewidmeten Epilogs äußerst überschaubar.

Mit etwas Großzügigkeit gibt's diesmal 6/10 ermordet herumliegenden Haushälterinnen.
 
Midnight Cowboy (1969)

Das texanische Landei Joe (Jon Voight), von Beruf Tellerwäscher, träumt davon, einmal ins ferne New York zu gehen, um -- nun, um Prostituierter zu werden. Eines Tages packt er tatsächlich die Koffer und fährt gen Osten. Der etwas realitätsfremde junge Mann kommt mit seinem Ersparten in der Tasche am Big Apple an und begibt sich im hektischen Großstadtdschungel sofort auf Kundinnensuche. Dabei gerät er zufällig an den Kleinkriminellen Enrico "Ratso" Rizzo (herausragend: Dustin Hoffman), welcher ihn bei ihrer ersten Begegnung über's Ohr haut, sodass Joe im Apartment eines religiösen Fanatikers landet, aus dem er nur mit Mühe wieder entkommt. Der Texaner erwischt Ratso bald darauf und will ihn vor Wut ordentlich verdreschen, ist inzwischen aber derart mittellos, dass er dessen Angebot, bei ihm einzuziehen, annehmen muss. Gemeinsam versuchen die zwei nun, ihren Alltag unter ärmlichsten Bedingungen zu bestreiten, wobei Ratsos gesundheitlicher Zustand immer schlechter wird...

Über weite Strecken hatte ich das Gefühl, John Schlesinger habe eine Komödie gedreht: wie Joe in Cowboy-Kluft Frauen anspricht, die Gespräche in Ratsos Bruchbude, der fanatische Prediger, die Warhol-inspirierte Künstlerclique etc. sind ja eigentlich Szenen zum Schreien; menschliches Drama wird nur an wenigen Stellen deutlich (Flashbacks in Joes Vergangenheit, Ratsos Schicksal), dafür umso eindringlicher. Das Gespann Voight-Hoffman liefert erstklassige Arbeit, sodass man die vom Duo erlittenen Rückschläge mitfühlt und ihnen spärliche Erfolge von Herzen gönnt. Verdienter Oscarstreifen!

8/10 nach Florida fahrenden Greyhound-Bussen
 
Le feu follet/Das Irrlicht (1963)

Der seelisch ausgebrannte Alain Leroy (Maurice Ronet) hat mit dem Leben abgeschlossen: er sitzt in einer Versailler Entzugsklinik, steht kurz vor dem Ende der Therapie für Alkoholsucht und soll wieder in die Welt da draußen entlassen werden -- eine Welt, deren Realitäten er, geplagt von schwerer Depression, längst nicht mehr entgegentreten will. Fieberhaft sucht er nach einem Sinn für sein Dasein, einem Grund, länger zu verweilen. So rafft er sich noch einmal nach Paris auf, um alte Freunde zu besuchen; darum bemüht, bei ihnen Antworten zu finden...

Louis Malles traurige Geschichte basiert - über den Umweg der gleichnamigen Romanvorlage des Autors Pierre Drieu La Rochelle - auf dem Leben des Surrealisten Jacques Rigaut, welcher seine Ankündigung, im Alter von 30 Jahren Selbstmord zu begehen, 1929 vollzog. Es ist ein Film für Melancholiker, für jene, die gern nachsinnen über (vermeintlich) verpasste Chancen: abgelehnte Karrieren, verlorene Lieben, ehemalige Freunde...Erik Saties Musik tut sicher ihr Übriges. In so manchem defätistischen Moment habe ich mich wohl wiedererkannt.

8/10 lange auf ihren Einsatz vorbereiteten Revolvern
 
Miracolo a Milano/Das Wunder von Mailand (1951)

Die alte Lolotta (Emma Gramatica) staunt eines Tages nicht schlecht, als sie mitten unter ihren Kohlköpfen einen ausgesetzten Säugling findet, den sie auf den Namen Totò tauft und bei sich als Sohn aufzieht. Nach ihrem Tod kommt der kleine Junge ins Waisenhaus, aus dem er mit 18 wieder entlassen wird. Volljährig geworden, siedelt er unter anderen Armen in einem Slum knapp außerhalb Mailands; Totòs (Francesco Golisano) reines Herz und gutmütige Ärmel-hoch-Mentalität machen ihn allseits beliebt, sodass er oftmals an vorderster Front bei neuen Ideen zur Steigerung der örtlichen Lebensqualität agiert und aufsteigende Tristesse wirkungsvoll bekämpft. Da wird plötzlich - mitten im Herzen der kleinen Kolonie - Öl entdeckt. Flugs ist Großgrundbesitzer Mobbi (Guglielmo Barnabò) zur Stelle, um die Bewohner zu vertreiben und das Land einzukassieren; der mitgebrachten Armee von Polizisten haben die Ansässigen nichts entgegenzusetzen. Aus dem Jenseits beobachtet Lolotta die Ereignisse und greift heimlich ein, indem sie ihrem Sohn eine weiße Taube schickt, welche in der Lage ist, Wünsche zu erfüllen....

Vittorio de Sicas modernes Märchen ist voll heiterer Momente (das morgendliche "Sonnenbad" der Bewohner, die festliche Huhn-Verlosung etc), die mich wirklich zum Lachen brachten. Gleichzeitig ist er aber auch sehr klaumaukig-albern und als Abkehr von de Sicas üblichen neorealistischen Dramen zu verstehen, welche ich persönlich eher bevorzuge. Kann man schauen, muss man aber nicht.

6/10 fliegenden Besen
 
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Quién sabe?/Töte Amigo (1966)

In den Wirren der mexikanischen Revolution kämpfen El Chuncho Muños (Gian Maria Volonté) und sein Bruder El Santo (Klaus Kinski) im Dienste des Generals Elías (Jaime Fernández) mit ihrer Bande von Guerilleros gegen die Zentralregierung. Während des Überfalls auf einen Zug voller Soldaten stoßen sie auf den Amerikaner Tate (Lou Castel), welcher behauptet, politischer Gefangener gewesen zu sein, um Muños' Vertrauen zu gewinnen. Begeistert nehmen die Revolutionäre den Fremden mit, ohne zu ahnen, dass dieser etwas im Schilde führt...

Damiano Damianis sogenannter "Zapata-Western" stellt, wie in den Jahren darauf folgende andere Vertreter, soziale Aspekte ein Stück weit stärker in den Vordergrund als klassische Italo-Western (siehe insbesondere die "Siegerjustiz"-Szene mit der eroberten Hacienda bzw. deren wohlhabender Besitzerfamilie). Volonté und Kinski (hier in seiner wohl "normalsten" Rolle als linksreligiöser Fanatiker) sind definitiv Highlights, ansonsten gibt es nichts, was man nicht schon in anderen (besseren) Werken des Genres gesehen hätte. Kategorie: Kabel 1-Nachmittagsprogramm am Sonntag.

6/10 vergoldeten Kugeln
 
Before Sunset (2004)

In "Before Sunrise" lernten sich zwei wildfremde Studenten, er Amerikaner, sie Französin, während einer Zugfahrt kennen. Voneinander auf Anhieb angezogen, beschlossen sie spontan, ihre jeweilige Reise zu unterbrechen, um einen gemeinsamen Tag und eine Nacht in Wien zu verbringen, bevor er wieder in die Staaten zurückfliegen musste. Die Zeit nutzten sie für einen Streifzug durch die verwinkelten Gassen der Stadt, mit Gesprächen voller Spontaneität und Wortwitz, mitreißenden Herumspinnens, Träumen und Lachen. Man wurde zum Zeugen, wie sich zwei Menschen immer stärker ineinander verlieben, wie sich zwei Seelenverwandte gefunden hatten. Mit "Before Sunrise" gelang Linklater einen der schönsten und wahrhaftigsten Liebesfilme der Neunziger, weit fern gekünstelter Hollywoodstandarts. Das Ende wurde geschickt offengelassen. Es blieb der Phantasie des Zuschauers überlassen, ob sich die beiden Liebenden wie versprochen sechs Monate später in Wien wiedersehen würden haben oder eben nicht.

Tatsächlich sind aus den sechs Monaten neun Jahre geworden. Zum vereinbarten Treffen ist es nie gekommen. Jesse ist mittlerweile ein erfolgreicher Schriftsteller. Das ihm seine Zufallsbekanntschaft Celine aber nie aus dem Sinn gegangen ist, zeigt sich schon daran, dass sein neuster Roman eben von jenem Zusammentreffen in Wien erzählt. Bei seiner letzten Buchvorstellung in Paris erblickt er sie dann unter den Zuhörern. Knapp eineinhalb Stunden bleiben ihm noch, dann geht sein Flieger nach Amerika. Ausreichend Zeit für einen Spaziergang, ein Zusammensitzen im Café und eine kurze Bootsfahrt auf der Seine, aber verdammt wenig Zeit, um die vergangenen neun Jahre aufzuholen. In knapp 80 Minuten, die in Echtzeit ablaufen, haben sich die Zwei viel zu erzählen. So läuft die eigentliche Handlung wie schon im Vorgänger im Gespräch und über die Körpersprache ab. Die anfängliche Fremdheit weicht schnell der alten Vertrautheit. Gemeinsam werden alte Erinnerungen aufgefrischt, Geschichten aus beider Leben ausgetauscht, über verloren gegangene Ideale der Jugend, Gott und die Welt und über die Liebe geredet. Zunächst unverfänglich, später um so offener. Verletzungen werden preisgegeben. Auch wenn sie zunächst versuchen, die neu aufkommenden Gefühle für einander zu überspielen, ein kurzer Blick, eine zarte Geste sagt mehr als tausend Worte.

Erstklassig der Dialog. Lebensnah, spontan, intelligent, humorvoll, temporeich und pointiert und mit wunderbaren Timing vorgetragen. Die Dynamik zwischen den beiden Protagonisten springt förmlich über. Wunderbar die fließenden Übergänge der einzelnen Gesprächsthemen. Hier wird eindeutig sichtbar, dass sich zwei gefunden haben, die sich intuitiv verstehen, die sich als echte Einheit präsentieren.

Aber werden sie eine Zukunft haben? Wie wird der Film enden? Linklater findet einen Schluss, wie er eleganter nicht sein könnte. Der Film hat jedenfalls eine Zukunft. Die Qualität der Dialoge, die Spielfreude der Darsteller, die Dynamik, der Charme und die Leichtigkeit der Inszenierung sorgen dafür, dass der Film auch langfristig reizvoll bleibt. Zwar nicht für Jedermann, aber für die, die ihre Freude daran haben, wie sich zwei Personen einen ganzen Film über umgarnen.
 
Venom (2018)

Was soll man da sagen. Das Beste am Film ist das erste Drittel, in dem erst einmal einiges an Exposition stattfindet und durchaus der Weg für eine potenziell interessante und andersartige Comic-Verfilmung geebnet wird. Spätestens ab der Hälfte jedoch hat der Film nichts mehr so recht zu erzählen und ergeht sich in einer ermüdenden Abfolge von Actionsequenzen. Teils schlechtes CGI und bisweilen sehr schlechtes Schauspiel, zum Teil sogar vom eigentlich sehr fähigen Tom Hardy selbst, machen das Ganze freilich nicht besser. Und fast jedes Mal, wenn der Film lustig sein möchte, ist er erschreckend albern.

Anstatt den Mut aufzubringen, eine wirklich herausstechende Comic-Verfilmung zu kreieren, liefert man mit "Venom" schlussendlich eine in weiten Teilen doch sehr handelsübliche Superheldenverfilmung ab, unter dem Deckmäntelchen, eine Comic-Antagonistenfigur in den Mittelpunkt zu stellen, die man durch pseudowitzige Sprüche ins Lächerliche zieht. Und wenn es ums Töten geht, ist Venom zwar nicht zimperlich, aber schlussendlich, so jedenfalls die These des Films, trifft es dabei ja nur "die Richtigen". Eine Dialogszene zum Fremdschämen bringt die fehlgeleitete Ideologie des Machwerks gegen Ende auf den Punkt: Die Welt ist nach einem strikten Schwarz-Weiß-Schema in gute und böse Menschen aufgeteilt, und böse Menschen umzubringen ist in Ordnung. Na dann.

3/10.
 
Teils schlechtes CGI und bisweilen sehr schlechtes Schauspiel, zum Teil sogar vom eigentlich sehr fähigen Tom Hardy selbst, machen das Ganze freilich nicht besser. Und fast jedes Mal, wenn der Film lustig sein möchte, ist er erschreckend albern.

Und das geilste - der zweite Teil wird noch viel billiger und schlechter. Der Trailer hat mir völlig gereicht, den konnte ich schon kaum zu Ende schauen. :-D
 
Sideways (2004)

Leidenschaftliche Weinliebhaber sind rätselhafte Menschen. Sie trinken nicht, um etwa gepflegt betrunken zu werden, wie etwa der gemeine Bierfreund, sondern praktizieren feierlich bei jedem Glas ihr elitäres Verkostungsritual: skeptisch wird der edle Tropfen im Gegenlicht beäugt, bedächtig wird nach den absurdesten Aroma-Nuancen geschnüffelt, schmatzen der Probierschluck minutenlang als Zahnreiniger missbraucht, um sich danach in einem ausgedehnten Vortrag, gespickt mit Fachvokabular, über den Trank auszulassen. Zur Verblüffung des Unkundigen, der sich vermeintlich vor einem Glas säuerlich schmeckenden Traubensaftes wähnt.

Auch Miles zählt zu jenen elitären Feinschmeckern. Aus Prinzip verachtet er jene Menschen, die im Lokal einen Merlot bestellen, weil dies der einzige Wein ist, dessen Name ihnen einigermaßen über die Zunge geht. Es braucht aber nicht viel, um hinter seiner Fassade den Verlierer zu erkennen. Sein Job als Englischlehrer am College füllt ihn nicht aus. Viel lieber würde er von der Schriftstellerei leben, findet aber für seine Bücher keinen Verleger. So auch nicht für seinen aktuellen Roman mit den schön komplizierten Titel "Der Tag nach gestern". Seit seiner Scheidung von seiner Frau vor zwei Jahren ergeht er sich endgültig in Selbstmitleid und Depression und kämpft mit einem Promilleproblem. Ein dicklicher, verkorkster Intellektuelle, der von gutem Wein schwärmen kann, sein eignes Leben aber nicht genießen kann.

Ganz anders dagegen sein Freund Jack, ein ehemaliger Zimmergenosse aus Collagetagen. Als Schauspieler längst drittklassig, ergattert er sich im Fernsehen nur noch Kurzauftritte in Werbespots, was ihn aber nicht daran hindert, vor Selbstbewusstsein nur so zu strotzen. Ein braungebrannter Frauenheld, mit einer entwaffnenden Oberflächlichkeit. In der Woche vor seiner Hochzeit lädt Miles ihn zu einem letzten Junggesellen-Trip durch das kalifornische Winzergebiet Santa Barbara County ein. Für Miles heißt das: verkosten, bis der Boden schwankt. Für Jack: auf Frauenfang gehen, bis die Betten wackeln.

Je gründlicher die beiden ihre Ziele umsetzen, umso fataler und lustiger wird es. Jack bricht unbekümmert Herzen, ihm selbst wird die Nase gebrochen. Miles trifft auf die Kellnerin Maya, die ihn bereits von früheren Weinproben kennt und eine stille Zuneigung für ihn hegt. Doch leider kann Miles ihre Zuneigung nicht halb so unbeschwert genießen wie einen guten Roten, zum Ärger des schlicht gestrickten Jacks. Virtuos lavieren sie sich aber auch noch aus de größten Misslichkeit und verletzen dabei in beiläufiger Verschlagenheit jede erdenkliche Anstandsregel.

Bei allen aberwitzigen Situationen, die Inszenierung bleibt stets von einer wunderbaren Lakonie. Die Kunst des Regisseurs Paynes besteht darin, die Durchschnittsmenschen gänzlich ungeschönt, neurotisch, kindisch, aber so liebevoll zu zeichnen, dass sie einen gerade in den lächerlichsten Momenten ans Herz wachsen.

Das Schönste an "Sideways" bleibt aber die umwerfende Darstellerleistung von Paul Giamatti als Miles, dessen Augen Spiegel seiner Seele sind. Von Komik über Ironie bis hin zur echter Seelennot verkörpert er alle Emotionen hinreißend glaubhaft. Und wie er sich als ebenso weinseliger wie weinerlicher Intellektueller ein ums andere Mal ins Unrecht setzt und trotz allem die Schuld für seine Misere bei den anderen findet, ist eines Woody Allen würdig.

Und wer selbst dem Weine abgeneigt ist, nach Ansicht dieses kleinen, feinen, atmosphärischen, trefflich beobachteten Filmes kommt man nicht umhin es Miles gleichzutun und ebenso wie er einen Roten liebevoll zu verkosten.
 
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