[Bastion / Sith-Tempel / Zellenblock / linke Zelle] Kestrel, Q’Tahem, Lanesra und Lord Kirain
Kestrel hatte alles mit ansehen müssen.
Alles.
Wie in Trance stand sie da, noch gefesselt, kaum in der Lage, sich zu wehren oder auch nur zu atmen, während das Unheil seinen Lauf nahm.
Zuerst war da Hoffnung gewesen. Große, leuchtende Hoffnung, als Q’Tahem – ihr tapferer, gequälter Freund – die Fesseln gesprengt hatte. Für einen Moment war es, als würde die Macht selbst durch ihn strömen und sie beide in die Freiheit tragen. Sie hatte innerlich aufgeschrien, ihn angespornt, hatte die Kälte des Bodens unter sich nicht mehr gespürt, sondern nur noch die gewaltige Kraft, die durch ihn pulsierte, so gefährlich und blind ihn seine neu gewonnene Macht ihn auch machte. Die Hoffnung auf Flucht war da.
Aber die Freude war zu früh gekommen.
Wie ein Sturm war Lanesra über sie hereingebrochen, schnell und grausam, ihre Macht erbarmungslos.
Die Vision von der Flucht zerbarst wie zerbrochenes Glas, als Lanesra sie packte und ihr ein Lichtschwert an den Hals hielt. Kestrel hatte instinktiv stillgehalten, das Summen der Klinge war zu nah, die Hitze zu spüren. Der Schreck hatte ihr die Kehle zugeschnürt, während sie in Q’Tahems Augen sehen konnte, wie sehr er sich selbst dafür hasste, dass er gezögert hatte.
Wie er gebrochen wurde, direkt vor ihren Augen.
Sie hatte ihn anflehen wollen, nicht aufzugeben. Aber ihre Stimme war erstickt, und bevor sie etwas tun konnte, traf ihn der Betäubungsschuss. Kestrel sah, wie er in die Knie sank, wie der letzte Funke Hoffnung aus seinen Augen wich und der schwere, eiserne Griff der Gefangenschaft sich wieder um sie beide schloss.
Angekettet.
Wie Vieh.
Kniend vor einer kalten Wand, die nur ihre Aussichtslosigkeit widerspiegelte.
Die Schrauben... diese endlose Flut von kleinen, kaum zu unterscheidenden Metallteilen – sie hatte kaum Kraft in den Armen, geschweige denn Konzentration in ihrem erschöpften Geist, um sie zu sortieren. Neben ihr kämpfte Q’Tahem mit der Müdigkeit, der Betäubung, mit der Scham. Und Kestrel spürte, wie ihr eigenes Herz schwerer und schwerer wurde.
Und dann...
Dann kam Lanesra zurück.
Mit einer Peitsche.
Kestrel fühlte die nackte Angst wie Eiswasser ihre Wirbelsäule hinunterrinnen, als die Sith kalt und grausam befahl, sie solle mitzählen, wie sie ihren ehemaligen Padawan auspeitschte.
Jeden Hieb.
Und wehe, sie verzählte sich.
Kestrel hatte gehofft, es wäre eine Drohung gewesen.
Aber es war keine.
Der erste Schlag zerfetzte die Stille wie ein Messer.
Sie sah, wie Q’Tahems Körper unter dem Aufprall zusammenzuckte, hörte das hässliche, nasse Geräusch, wenn Leder auf offene Wunden traf. Ihr Atem stockte, ihre Hände zitterten an den Fesseln. Doch Lanesra ließ ihr keine Wahl.
„Eins...“
Stammelte sie heiser, und ihre Stimme brach fast.
„Zwei...“
Flüsterte sie, während neue blutige Linien über Q’Tahems Rücken rissen.
Jeder Schlag fühlte sich an, als würde er auch ihr Fleisch zerreißen, zumal sie die Peitsche nur zu gut durch Kirain bereits selbst kannte.
Blut spritzte auf sie, warm und erschütternd real, und Kestrel kämpfte verzweifelt gegen das Würgen in ihrer Kehle. Ihre Augen brannten von Tränen, die sie nicht aufhalten konnte, während sie weiterzählte.
Immer weiter.
Es war Folter.
Nicht nur für ihn – auch für sie. Sie zählte weiter, während sie selbst zitterte.
Q’Tahem versuchte, still zu bleiben, doch sie sah, wie er litt, wie seine Schultern erbebten, wie sein Kopf immer tiefer sank. Und Kestrel zerbrach innerlich daran.
Als Lanesra endlich von ihm abließ und die Zelle verließ, blieb nur Stille zurück.
Schwere, drückende Stille, die sich auf Kestrels Brust legte wie eine eiserne Kette.
Sie sah ihn an – zusammengesackt, blutend, erschöpft –, und es fühlte sich an, als würde ihr eigenes Herz in tausend Stücke zerbrechen.
„Es tut mir leid...“
Murmelte sie, obwohl er es vielleicht nicht einmal hörte.
„Es tut mir so leid...“
Tränen liefen über ihre Wangen, als sie die Stirn gegen die kalte, raue Wand presste und ihr Körper leise bebte. Verzweiflung, Wut, Schuld – all das wirbelte in ihr wie ein tosender Sturm.
Die Flucht war gescheitert.
Sie waren gescheitert.
Und nun saßen sie hier, wie gebrochene Wesen, unfähig zu entkommen, unfähig, sich zu wehren.
Kestrel fühlte sich elender als je zuvor in ihrem Leben.
Sie wusste nicht, ob sie jemals wieder genug Hoffnung finden würde, um es noch einmal zu versuchen.
Kestrel senkte den Blick, während sie leise zu sprechen begann, ihre Stimme von tiefer Traurigkeit durchzogen.
„Wenn jemand versagt hat, dann ich.“
Sagte sie leise.
„Ich habe uns Ziost eingebrockt... Bastion… all das. Es ist meine Schuld.“
Sie holte zitternd Luft, bevor sie weitersprach, die Worte schienen ihr schwer über die Lippen zu kommen.
„Als ich mit vierzehn Jahren das erste Mal in Gefangenschaft der Sith geriet, wurde ich noch gerettet. Ein Trupp Jedi stürmte eine imperiale Basis, unter ihnen meine damalige Meisterin Soraya Amidala. Aber beim zweiten Mal… auf Korriban... da waren Brianna Kae- meine damalige Padawan- und ich auf uns allein gestellt. Wir konnten nur mit Mühe fliehen, ja... doch Korriban war nichts im Vergleich zu Bastion. Dort war die Bewachung... schwächer. Hier – hier ist die Flucht ohne fremde Hilfe beinahe unmöglich.“
Kestrel schwieg einen Moment, als müsste sie Mut sammeln, ehe sie weitersprach und versuchte sich in den schweren Schellen der Ketten, die sie in Position hielten, ein wenig zu bewegen, doch es war kaum möglich.
„Meine Eltern... sie waren beide Jedi. Das Imperium hat sie getötet, als ich noch ein Baby war. Ich wuchs danach bei meiner Großmutter auf. Sie wollte nie, dass ich eine Jedi werde. Immer hat sie mich gewarnt, vor dem Imperium, vor den Sith, vor dem gefährlichen Leben, das die Jedi führen und wollte mich von all dem fern halten und mich beschützen.“
Ein trauriges Lächeln huschte über Kestrels Gesicht.
„Aber ich habe nicht auf sie gehört. Ich dachte, ich könnte... etwas bewirken, es besser machen. Mir würde es nicht so ergehen wie meinen Eltern. Meine Großmutter ist schon viele Jahre tot. Aber wenn sie noch leben würde... wäre sie sicher enttäuscht von mir.“
Ihre Stimme wurde brüchig.
„Was habe ich als Jedi schon erreicht? Meine Familie hatte sich sicher etwas anderes für mich gewünscht – vielleicht, dass ich einmal eine Familie gründe, einen vernünftigen Beruf ausübe, ein ruhiges Leben führe. Stattdessen…“
Kestrel schloss die Augen, als könnte sie damit die Scham verbergen, die sie überflutete.
„Stattdessen sitze ich wieder hier. In Ketten. Hinter Gittern, im Knast. Ich werde niemandem mehr das Leben weitergeben. Mit mir wird der Name Skyfly enden. Ich bin eine Versagerin. Ich habe nichts wirkliches im Leben erreicht. Ich habe keine Nachkommen, kein Eigentum, keinen ordentlichen Beruf. Ich…. “
Kestrel hob langsam den Kopf, ihre grünen Augen schimmerten feucht, als sie Q'Tahem ansah. In ihrer ganzen Offenheit lag eine tiefe, schmerzende Verletzlichkeit.
“...bin eine Versagerin und habe nichts erreicht und mein Leben verschwendet. Für was? Für was? Behandelt zu werden wie eine Schwerstverbrecherin mit Ketten, Dunkelheit und Folter. Vielleicht bin ich ja wirklich eine Verbrecherin… . Für das Imperium auf jeden Fall.”
Schluchzte Kestrel und lehnte ihre Stirn wieder an die raue, kühle Wand und bereute es zutiefst eine Jedi zu sein.
“Schon die erste Gefangenschaft hätte mir eine Lehre sein sollen. Spätestens die Zweite auf Korriban, bei der ich schon so viel Folter ertragen musste. Es macht mich alles kaputt…ich kann nicht mehr. Warum habe ich die Jedi nicht verlassen, als ich es noch konnte?!”
Schluchzte Kestrel und ihr Tränen tropften auf ihre primitive Gefängniskleidung.
[Bastion / Sith-Tempel / Zellenblock / linke Zelle] Kestrel, Q’Tahem