Die Partei, die seit Jahren (ohne jegliche Rechtsgrundlage) behauptet, es gäbe einen andauernden Rechtsbruch an den deutschen Grenzen, hat jetzt über eine Weisung ihres neuen CSU-Innenministers die Bundespolizei dazu veranlasst, einen andauernden Rechtsbruch an den deutschen Grenzen zu begehen. Die Weisung sieht vor, bis auf absolute Ausnahmefälle sämtliche Personen an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, die über kein Einreiserecht verfügen, selbst wenn diese ein Asylgesuch äußern. Deutschland möchte damit nun also zu einem Vorreiter in Sachen illegaler Pushbacks werden.
Bizarrerweise hat Merz zuletzt davon gesprochen, dass "nur" ähnliche Kontrollen wie während der Fußball-EM geschehen - die nun vorliegende Weisung widerspricht dieser Aussage jedoch massiv. Selbst die Gewerkschaft der Polizei widerspricht dem Kanzler und hat mitteilen lassen, dass die Bundespolizei nun zu entsprechendem Handeln verpflichtet ist, und möchte für den Fall der Fälle, dass Gerichte die Rechtswidrigkeit feststellen, schon mal eine präventive Generalamnestie für alle handelnden Beamten: "Wir haben dem Innenministerium klar mitgeteilt: Wenn Gerichte im Nachgang feststellen, dass das Aussetzen der europäischen Regelungen und das Anwenden nationaler Gesetze rechtswidrig ist, dürfen die Bundespolizisten keinesfalls belangt werden" (Roßkopf, Chef der GdP). Das ist alles schon wirklich bemerkenswert.
Als Grundlage für die Weisung nimmt Dobrindt einerseits Bezug auf eine Regelung des deutschen Asylgesetzes, das dem europäischen Recht gegenüber jedoch nachrangig ist. Das ist mit lächerlich noch freundlich formuliert, da alle Jura-Studierenden im 1. Semester den Anwendungsvorrang des europäischen Rechts lernen. Andererseits wird immerhin auch auf eine Vorschrift des europäischen Rechts Bezug genommen, die EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit gibt, in absoluten Notfalllagen europäische Vorschriften zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz der inneren Sicherheit außer Acht zu lassen. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch die Anwendung exakt dieser Vorschrift in Bezug auf Pushbacks in der Vergangenheit stets einheillig, eindeutig und ausdrücklich abgelehnt - und das in Fällen, in denen die Fallzahlen in der EU noch um ein Vielfaches höher waren. Die Vorstellung, dass Deutschland sich gerade in einer solchen Notlage befindet, ist völlig abwegig.
Was das Ganze nun von fragwürdig zu richtig problematisch werden lässt, ist, dass der Zugang zu entsprechendem Rechtsschutz für Betroffene praktisch kaum möglich ist. Um dieses Vorgehen rechtlich überprüfen zu können, müsste ein Zurückgewiesener, der sich gerade gar nicht innerhalb der Grenzen aufhält, ein deutsches Verwaltungsgericht bemühen. Selber Klage erheben kann die Person dadurch schon gar nicht - und der Zugang zu einem entsprechenden und kostenpflichtigen deutschen Rechtsanwalt ist ebenso kaum möglich. Damit wird dann also dieser weitere Zustand auf absehbare Zeit wohl einfach erst einmal in Kauf genommen werden müssen, selbst wenn praktisch gerade jeder davon ausgehen darf, dass dieser Zustand rechtswidrig ist. Mit Sicherheit wird aber die CSU nun nicht von einer "Herrschaft des Unrechts" fabulieren, immerhin ist es nun ja die "richtige" Politik und da muss sich der Rechtsstaat eben mal hinten anstellen.