Man mobbt ja niemanden der einem selber überlegen ist, sei es geistig oder körperlich. Da ziehen die meisten dann den Schwanz ein.
Dem muss ich, auch aus eigener Erfahrung, widersprechen. Der Grund, wieso ich hier auch recht vehement bezeuge, dass es Mobbing sehr wohl gibt, ist, dass ich ebenfalls in der Vergangenheit damit zu tun hatte. Allerdings, und das sage ich ganz offen, als Täter und nicht als Opfer. Verglichen mit Mobbingfällen, die medial die Runde machen, waren es bei uns damals vermutlich echt nur Peanuts und das Ganze ist auch "gut" ausgegangen, dennoch ging es über leicht abzuschüttelnde Hänseleien hinaus.
Ich will nicht den Eindruck erwecken, auf dieses Verhalten von damals stolz zu sein, denn das bin ich nicht; ich versuche die Thematik nur mal offen jetzt von der anderen Seite zu beleuchten. Denn Mobbing und seine Ursachen sind offenbar wirklich ein komplexes Thema und unser damaliges Opfer
war uns körperlich überlegen – sportlich und anderthalb Köpfe größer, der Größte aus unserer Klasse. Genau das war nämlich der Umstand, der ihn andersartig und damit zu unserem Ziel gemacht hat. Darum weiß ich auch, dass Gewalt keine gute Lösung ist, denn unser Opfer hat sich sehr wohl physisch zur Wehr gesetzt und wir haben unsere Abreibungen bekommen. Allerdings war es wie "Bullenreizen" für uns, wir haben es nicht bösartig, sondern eher als Spiel (?) gesehen. Gerade, dass man dem dann in die Fänge geraten und ein paar Ohrfeigen kassieren kann, hat ja den Nervenkitzel an der Sache ausgemacht. Und weil Jedihammer davon sprach, dass man seinen Peiniger auch irgendwann wieder persönlich und alleine in die Finger bekommt – ja, eben das ist damals auch passiert. Aber die Peiniger, sprich Kumpel und ich, sind danach ebenfalls wieder zusammengekommen und haben dann die entsprechende "Rache" geplant.
Gelöst wurde die Angelegenheit letzten Endes erst dadurch, als es im Unterricht im Rahmen der gesamten Klasse zu einer offenen Diskussion über den Konflikt kam, und das Opfer vor allen Leuten in Tränen ausgebrochen ist.
Das, und der darauffolgende Dialog, hat uns klar gemacht, was wir mit unserem Verhalten angerichtet haben, und keine Abreibung davor war je in der Lage uns die wahren Auswirkungen unseres Tuns zu vermitteln so wie diese offene Aussprache es getan hat. Nach diesem Tag war dieses Verhalten von uns vorüber und wir hatten mit diesem Jungen nie wieder das kleinste Problem, haben jahrelang als normale Schulkameraden ein gutes Verhältnis gehabt und friedlich koexistiert, ohne dass irgendwelche Folgen oder Animositäten zurückgeblieben wären, im Gegenteil. Ich habe ihn seit dem Ende der Schulzeit nur noch gelegentlich getroffen, aber immer in einem guten und respektvollen Verhältnis zueinander.
Wenn man jetzt Rikers auf der vorigen Seite geäußerten Standpunkt aufgreift, kann man natürlich auch argumentieren, dass er das Problem sicher auch gelöst hätte, indem er uns eines Tages mit dem "Basie" irgendwo aufgelauert und krankenhausreif geprügelt hätte. Aber ich wage mal zu behaupten, dass der tatsächliche Ausgang für ausnahmslos alle Beteiligten vorzuziehen gewesen ist und den Konflikt zu einem weitaus positiveren Ende gebracht hat.