. Sich zu wehren heißt vor allem eines: etwas nicht hinzunehmen und sich dagegen aufzulehnen. Das kann man auch ohne sich zu prügeln, denn es geht einfach nur darum aktiv zu sein und nicht bloß passiv alles zu ertragen. Ihr haltet das für falsch und gefährlich? Bitte schön. Wer immer bloß nachgibt, der steht irgendwann in der Ecke. Und ja, mir ist selbstredend bewusst, dass nicht jeder Mensch und vor allem nicht jedes Opfer von Mobbing oder Gewalt den Mut und die geistige Kraft hat, sich aufzulehnen, aber ebenso bin ich davon überzeugt, dass jeder Mensch stark sein und Vertrauen in sich selbst finden kann. Sich gegen Unrecht zu wehren, stärkt das Selbstvertrauen - es zerstört es nicht.
Ich hab an keiner einzigen Stelle behauptet, dass man, sofern man angegriffen wird, seine andere Wange Jesus-like hinhalten soll um sich eine pfeffern zu lassen. Zwischen sich wehren und sich prügeln besteht für mich schlicht ein Unterschied. Und Ben, im Kontext gesehen, wirkte dein Kommentar auf mich genau wie das, was bisher gefallen wurde: Lerne dich zu wehren,
indem du anderen eine reinhaust. So und nicht anders kamen Aussagen von jedihammer und von Dark Igel bei mir an - und dann war deine Aussage wie eine Bestätigung dafür.
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2. Ich habe wirklich kein Problem damit, dass sich nicht jeder mit meinen Überzeugungen einverstanden erklärt. Ich habe noch nicht einmal ein Problem damit, dass ihr euch für moralisch überlegen haltet. Womöglich seit ihr das sogar. Nichtsdestotrotz verbitte ich mir schlichtweg meine Äußerungen als unreflektiert zu bezeichnen, wenn man selber Perlen von diesem Kaliber verfasst: "Lösen wir Gewalt mit Gewalt. Genau. Unheimlich effektiv". In dieser Aussage steckt mindestens ebenso wenig Reflexion, wie sie in meiner Zuspitzung zu finden war. Was denkt ihr denn, auf welchem Fundament euer Elfenbeinturm der moralischen Überlegenheit gebaut ist? Wir können uns diesen Luxus (und ja, es ist ein Luxus in dem wir leben, dass sollten wir uns bei der aktuellen geopolitischen Lage immer wieder vor Augen führen) nur erlauben, weil vor einigen Jahrzehnten Männer und Frauen aufgestanden sind und Gewalt mit Gewalt gelöst haben. Und was denkt ihr denn, warum wir weiterhin in Wohlstand, Sicherheit und vor allem Rechtsstaatlichkeit leben? Weil es Männer und Frauen gibt, die bereit sind Gewalt notfalls mit Gewalt zu lösen. Eine Aussage wie: "Lösen wir Gewalt mit Gewalt. Genau. Unheimlich effektiv" suggeriert, dass es gegen Gewalt immer eine andere Lösung als Gewalt gibt und das ist ebenso falsch wie respektlos. Respektlos gegenüber den Leuten, die ggf. dazu bereit sind ihr eigenes Wohlergehen für andere Menschen auf's Spiel zu setzen.
Das möchte ich nun doch etwas eingehender kommentieren, vielleicht verstehst du meine vorherige emotionale Antwort dann besser.
1) Sehe und sah ich mich noch nie überlegen gegen irgendwen hier. Ich glaube auch nicht, dass meine Meinung moralisch irgendwie besser oder überlegener ist, als die von dir oder einem anderen hier. Ich kann andere Meinungen problemlos akzeptieren, aber:
Wenn ich es so verstehe, dass man Gewalt mit Gewalt lösen soll (siehe oben), dann hab ich damit tatsächlich ein Problem. Was mich an deiner Antwort aber am meisten gestört und tatsächlich aufgeregt hat, war noch der Zusatz mit dem Stuhlkreis und der Mediation. Ich kann dir auch gerne erklären warum.
Das in Zusammenhang mit den anderen Kommentaren, über Versager und Weichlinge, wirkte auf mich extrem wie ein "Jeder, der die Sache anders sieht und gegen Gewalt bei Gewalt ist, hat sie nicht alle". Vielleicht bin ich auch etwas empfindlich geworden, durch den Politikthread, durch Teile der Gesellschaft mit ihrem gebashe über "Gutmenschen" und das Ansehen, über meinen Job. Denn tatsächlich gehöre ich ja zu denen, die verschrien sind, als die, die gerne Kaffee trinken und quatschen etc. DAHER ist mir die Hutschnur geplatzt.
Ich kann eigentlich genauso erklären, dass ich deinen Satz respektlos finde. Nämlich respektlos gegen all jene, die Gewalt auf andere Art lösen. Ich weiß nicht, ob du je mal bei einer erfolgreichen Mediation mitgemacht hast, aber da geht es um mehr, als dummes gequatsche.
Was du über Wohlstand, Sicherheit etc schreibst, mag ich eigentlich so auch nicht stehen lassen. Hier ging es Mobbing, um seelische Gewalt und nicht um kriegerische Auseinandersetzungen etc. Irgendwie finde ich nicht, dass man das vergleichen kann.
Was meinst du, warum es Zusammenschlüsse und auch friedliche Demos gibt? Warum wird in der Kita etc, nicht gelehrt, dass man Gewalt nicht mit Gewalt lösen soll? Dieses ganze "ja, man muss sich wehren" im Kontext von Gewalt
mit Gewalt klingt für mich nämlich leider auch so, als sei das DIE Lösung schlechthin.
Ich hoffe, damit ist klarer, was ich meinte und da es so auf mich wirkte, fand ich das extrem unreflektiert.
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Und weil das noch nicht genug Pathos und geschwollene Worte waren: Ich würde für jeden Menschen aufstehen und im Zweifel Gewalt anwenden oder Gewalt über mich ergehen lassen, wenn er in Not ist; egal, ob ich es dabei mit zwei, drei, fünf oder zwei Dutzend Personen zu tun habe. Das habe ich schon für mich selbst getan, das habe ich schon für andere getan und das ist natürlich nicht immer gut für mich ausgegangen. Und trotzdem würde ich auch heute nicht einen Moment zögern.
So, das war's. Ich habe alles über die Sache gesagt, was ich zu sagen habe und sowieso viel zu viel preisgegeben. Ich bin kein großartiger Fan davon, mein ganzes Leben im Internet auszubreiten, aber hier haben einige sogar den Mut gehabt, sich als Täter zu outen. Macht nun was ihr wollt mit meinem Geschreibe.
Und hier noch einmal Ben: Es ging mir um etwas ganz anders. Jemandem zu helfen, sich für jemanden einzusetzen etc. ist etwas anderes (zumindest für mich), als pauschal auf Gewalt mit Gewalt zu reagieren. Natürlich ist auch ein sich wehren, irgendwie eine Form von Gewalt.
Aber es macht für mich einen Unterschied, ob ich jemanden halb tot prügle, oder ob ihn ihm einen heftigen Stoß verpasse, um ihm von mir fern zu halten.
Als sich letzten zwei Frauen extrem geprügelt haben und nicht voneinader ließen, war es es auch Gewalt von mir, zu versuchen, die eine von der anderen zu reißen.
Ich hätte mitprügeln können - und
hierum geht es mir.
Auge um Auge, Zahn um Zahn. Mir ist es ziemlich egal wie elfenbeinturm-mäßig das jetzt auch klingen mag, aber Gewalt immer mit Gewalt zu revanchieren kann so schnell zu einem so extremen Teufelskreis führen. Mein Kontext hier war und ist immer Mobbing. Nicht mehr und nicht weniger.