Bastion – Stadtrand – Anwesen von Christian Ferek – Abendessen- Jean Porter, Ralo, Meren Vellis (NSC)
Der große Speisesaal war in warmes Licht getaucht, die Gespräche ein behaglicher Hintergrundklang aus Stimmen, Gläserklingen und höflichem Lachen. Silberbesteck klirrte leise auf Porzellan, und die schweren Teller dufteten nach imperialer Traditionsküche. Jean selbst stocherte lustlos in ihrem Hühnchen und lauschte ihrem Vater, der das Gespräch am Tisch leitete. Der Senior Agent hatte seiner Tochter schon ein paar böse Blicke zugeworfen, so dass sie aufhörte in ihrem Hühnchen herum zu stochern und ihre Haltung ein wenig anpasste.
Jean saß neben Meren, gegenüber Ralo, der höflich, aber sichtbar deplatziert wirkte. Sein Anzug war tadellos, doch man merkte ihm an, dass er lieber gestanden hätte als diesen starren Gesellschaftsakt über sich ergehen zu lassen. Meren führte ein oberflächliches Gespräch über die nachlassende Disziplin junger Kadetten. Eben jene Gespräche, die für alte Männer typisch waren. Jean lauschte gar nicht, sie warf Ralo nur einen entschuldigten Blick zu.
Sie hatte gerade das Besteck beiseitegelegt, das zweite Glas Spotchka blieb zur Hälfte unangetastet, als ihr Kommunikator aufleuchtete. Ein diskretes Signal, kaum hörbar – aber sie spürte, wie Meren neben ihr leicht den Kopf drehte.
Jean schob den Stuhl zurück, legte die Serviette sorgfältig auf den Tisch.
„
Entschuldigt mich.“
„
Sie sehen aus, als würden Sie lieber Wombat Ratten jagen gehen als hier zu sitzen. Operative wenn ich ihnen einen Rat geben darf, dann lernen Sie besser ihre Missempfindung für Veranstaltungen wie diese zu verstecken. Sie scheinen zu vergessen, dass wie überall in diesen Kreisen Kontakte, teilweise sehr viel wichtiger sind als Leistung. Können alleine bringt sie nicht weiter.“
Die Stimme des alten Herren war sehr viel leiser geworden und seine Augen hatten gar nichts mehr von einem Betrunkenen. Sondern er schien plötzlich ganz im Dienst. Er nahm einen Zug Spotchka. “ Aber kommen Sie direkt von Bastion?“
So schnell wie die Dienstpersönlichkeit von Meren gekommen war, genauso schnell war sie wieder verschwunden und er nahm genüsslich ein Glas Spotchka und musterte den Mann vor sich mit einem gekünstelten Lächeln.
—
Im Flur vor dem Saal blieb Jean stehen, zog sich diskret in eine Nische zurück. Der Kommunikator vibrierte erneut. Sie hob das kleine Gerät, schirmte es mit der Hand ab, und aktivierte die Nachricht.
Ein blauer Holo-Kegel erblühte über der Linse, das Gesicht von Gouverneurin Évarielle d’Oridin erschien. Die Stimme der Fondorianerin war ruhig, klar, aber angespannt.
„Agentin Porter, hier spricht Gouverneurin d’Oridin. Vielleicht haben Sie es schon mitbekommen: In Alt-Varnin spielt sich gegenwärtig eine Geiselnahme ab…“
Jean hörte still zu, die Schultern straff, das Gesicht zunehmend härter. Als die Nachricht endete, senkte sie langsam den Arm. Ein kurzer Blick zum Spiegel an der Wand – Uniform in Ordnung. Dann strich sie sich den letzten Hauch Feierlichkeit aus dem Gesicht. Sie versuchte die aufkeimende Unsicherheit herunter zu schlucken. Eine Geiselnahme? Sowas hatte sie noch nicht in der Realität unterbrochen. Nur in den Lehrbüchern und Simulationen. Was wenn Sie versagten?
Sie kehrte mit versucht ruhigen Schritten zum Tisch zurück.
“
Operative, Wir müssen los.“ Die Stimme der Agentin war leise.
Meren sah sie an. “
Und was ist so wichtig?“fragte der alte Mann mit scharfen Tonfall.
Jean sah zu Ralo.
„
Wir wurden angefordert wegen einer Geiselnahme in Varnin.“ raunte die Agentin ihrem Vater zu. Dieser senkte das Glas Spotchka ab und nickte.
Er nickte den beiden zu. Jean suchte kurz den Blick ihres Vaters. Er sah sie länger an als nötig war.
—
Ein gepanzerter Dienstwagen des IGD bog durch eine provisorische Absperrung. Blaulichter warfen flackernde Schatten auf die Glasfassade des Transitkomplexes, in dem sich die Lage zuspitzte. Die Agentin war angespannt.
Als die Fahrzeugtür sich öffnete, stieg aus – aufrecht, das Kinn leicht angehoben, die Ausgehuniform akkurat, tadellos. Nur das dezent glitzernde Collier am Hals und die verzierten Haarnadeln im strengen Dutt erinnerten daran, dass sie vor wenigen Minuten noch auf einer Feierlichkeit war. Die Agentin wirkte in ihrer Ausgehuniform völlig fehl am Platz. Sie hoffte es wirkte nicht zynisch.
Noch bevor Jean ganz zum Stehen kam, trat ein Major des BSC auf sie zu. Jung, bemüht gefasst, aber sichtlich irritiert über ihre Ankunft.
„
Wer Sind sie? Wir haben hier alles unter Kontrolle!“ sagte der Major und sah die beiden Neuankömmlinge an.
Jean schenkte ihm einen knappen Blick, keine Zeit für Förmlichkeiten.
„Wir brauchen zwei Sätze Standard-Schutzkleidung, je ein ViproMesser, und zwar jetzt. Und dann führen Sie uns zur Gouverneurin.“
Der Mann sah die beiden an und schüttelte erbost den Kopf. Er konnte sich nicht vorstellen, warum zwei Personen in Abendkleidung vor ihm standen und meinten mit der Gouverneurin reden zu können.
“Hören Sie, ich weiß nicht wer sie sind, aber wir die BSC haben alles unter Kontrolle, kein Grund zur sorge.“
“
Wir sind vom Imperialen Geheimdienst! Wir wurden von der Gouverneurin angefordert und wenn sie uns nicht sofort durchlassen und das Konsequzen für die Geiseln hat, geht das alleine auf ihre Kappe!“ fauchte die Agentin den Mann an der nickte und ihnen die Schutzkleidung und das Messer reichte.
Jean nickte.
„Dann los.“
Sie und Ralo bewegten sich auf din Gouverneurin zu. Während sie ging, nestelte sie den Schmuck am Handgelenk ab, verstaute ihn in einer Tasche.
“
Hast du schon mal eine Geiselnahme in der Praxis gehabt?“ fragte die Agentin leise zu Ralo, bevor sie vor der Gouverneurin zum stehen kam und leicht de Kopf senkte.
Bastion | Alt-Varnin | Plaza vor dem Centrilux-Tower | Regierungsgleiter | Passagierbereich |
Lilivienne Évarielle d'Oridin, Ralo, Jean