Was für ein „Richtungsstreit“ soll das denn sein?
Exemplarische Fallbeispiele:
Es gibt durchaus Leute, die mit der "Ehe für alle" nicht das Geringste anfangen können und es total doof finden, dass andere Menschen das doch tatsächlich dürfen. Leute, die das gegenwärtige Sozialsystem für total ausufernd halten und sich mit Händen und Füßen gegen jeden Mindestlohn wehren. Leute, die nicht wahrhaben wollen, dass Verbrennungsmotoren einfach nur Gift in die Luft pusten und finden, dass AKWs sowieso die Antwort auf alle Energieprobleme sind.
Kurz: Es geht um die Rückabwicklung von progressiven Maßnahmen, die die Union in der Regierungsverantwortung mitgetragen hat.
Und der Streit erwächst natürlich dort, wo es Politiker der Union gibt, die diese Errungenschaften beibehalten wollen.
Die Werteunion hat doch keinerlei relevanten Einfluss auf die jüngste personelle oder inhaltliche Ausrichtung der CDU und ist eine kleine, zeitweise laute und medial begleitete Minderheit.
Das sehe ich anders. Friedrich Merz meint nämlich:
Quelle:
https://twitter.com/_friedrichmerz/status/1228026800565030913
Evident ist, dass der derzeitige Chef der CDU die Themen, die der Werteunion wichtig sind, wieder breit in der ganzen CDU diskutieren lassen möchte. Wie viel wird demnächst wieder sag- und diskutierbar sein? Die Ausländermaut als nationalistischer Vorstoß in einer sehr gemäßigten Union dürfte da nur ein Vorgeschmack gewesen sein und dieses mehr oder wenige harmlose Debakel hat bereits viele Jahre an Zeit und unvorstellbare Finanzmittel aufgefressen. Alles nur, weil hier der europäische Gedanke wegen eines egoistischen Hirnfurzes konterkariert werden sollte und zwar koste es, was es wolle. Von solchen Lattenschüssen erwarte ich unter einer CDU eines Friedrich Merz noch deutlich mehr.
Jetzt, im Jahr 2022, ist davon in meinen Augen gar nicht mehr so viel übrig, es gibt für die Werteunion keinen Zugang zu Schlüsselpositionen und die mediale Wirkung ist, wenn ich mir heute die gängigen Seiten von SpOn & Co. ansehe, auch nicht wirklich groß einzuordnen.
Nach dieser Woche dürfte klar sein, dass man sich auch ohne nennenswerte Wahlanteile bundesweit inszenieren kann. Diese ganze Farce um Ottes Kandidatur in der Wahl zum Bundespräsidenten ist eine Verhöhnung von institutionellen Einrichtungen dieses Staates und der Parteiausschluss ist geradezu erpresst worden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Otte das vorher nicht klar gewesen wäre.
Cui bono?
Jedenfalls ist eine direkte, unverblümte Anbandelung mit der AfD offensichtlich erst mal vom Tisch. Das heißt IMO aber nicht, dass man nicht trotzdem mit geistigen, reaktionären Ergüssen beglückt werden wird. Ganz im Gegenteil, ich erwarte in nächster Zukunft noch deutlich mehr Blödsinn, wie die Ausländermaut.